Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen dem 27. November - 3. Dezember 2023 publiziert wurden:

  • Urteil vom 31. Oktober 2023 (9C_654/2022): Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuern 2009-2010 (Genf); streitig ist zum einen, ob die Vermögenssteuer in Bezug auf die Bewertung des Immobilienwertes und der Wertpapiere der Gesellschaft, welche der Steuerpflichtige hält, konfiskatorischen Charakter hat und zum anderen, ob die erfolgte reformatio in peius in Bezug auf den Privatanteil am Geschäftsauto zulässig ist. Die reformatio in peius ist zulässig, da die Kantone eine von der Steuerverwaltung unabhängige Beschwerdeinstanz einrichten dürfen. Betreffend der Rüge des konfiskatorischen Charakters der Vermögenssteuer vermochte der Steuerpflichtige nicht nachweisen, dass das Vermögen im Laufe der Zeit abgenommen hatte. Nur wenn die Besteuerung, einschliesslich der Vermögenssteuer, die Einkünfte, einschliesslich der Erträge aus dem Vermögen, dauerhaft übersteigt, ist festzustellen, dass das Vermögen derart angegriffen ist, dass die Besteuerung als konfiskatorisch eingestuft werden könnte. Abweisung der Beschwerde des steuerpflichtigen A.
  • Urteil vom 31. Oktober 2023 (9C_655/2022): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2008 - 2010 (Genf); vorliegend wurde die zusätzliche private Hilfe zu Recht nicht als behinderungsbedingte Kosten zum Abzug zugelassen. Deren Notwendigkeit konnte nicht nachgewiesen werden. Weiter ist eine reformatio in peius zulässig. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 1. November 2023 (9C_627/2022): Staats- und Gemeindesteuern Kanton Schwyz, direkte Bundessteuer 2017; im vorliegenden Fall bestreitet der Steuerpflichtige die per A-Post Plus an seine Steuervertreterin zugestellte Veranlagungsverfügung erhalten zu haben, wodurch die spätere Übermittlung der Veranlagungsverfügung per E-Mail als Zustellungszeitpunkt zu gelten habe und die dagegen erhobene Einsprache rechtzeitig erfolgt sei. Das Bundesgericht hält in seinem Urteil fest, dass eine Zustellung gemäss A-Post-Plus-Sendungen nicht gleich wie ein Einschreiben zu behandeln sei. A-Post-Plus-Sendungen führten dazu, dass zwar mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den Empfang einer Sendung geschlossen werden kann, dass dem Empfänger aber der Gegenbeweis offensteht. Die Vorinstanz würdigte dabei die plausiblen Einwendungen des Steuerpflichtigen (Nachweis fehlerhafter Zustellungen in 37 Fällen sowie Stundenpapporte die keine Arbeitstätigkeit der Steuervertreterin zeigten) nicht, weshalb sein rechtliches Gehör verletzt wurde. Gutheissung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 2. November 2023 (9C_102/2023) – zur Publikation vorgesehen: Erbschaftssteuern Kanton Bern (interkantonale Doppelbesteuerung); Die im Kanton Waadt verstorbene Erblasserin hinterliess ihren beiden Erben sowohl bewegliches Vermögen als auch eine Immobilie im Kanton Bern. Vorliegend streitbetroffen ist die Steuerausscheidung des Kantons Bern. Nach bernischer Praxis wird ein fiktiver Erbschaftssteuerbetrag auf dem gesamten Nettonachlass (inkl. ausserkantonaler Anteil) berechnet, welcher nachfolgend – zur Vermeidung der interkantonalen Doppelbesteuerung – im Verhältnis der um die Repartitionswerte korrigierten Nettoaktiven auf die Kantone verteilt wird. Der Kanton Waadt demgegenüber nahm die Erbschaftssteuerausscheidung im Wesentlichen nach den Grundzügen der Vermögenssteuerausscheidung vor und ermittelte nur die kantonale Bemessungsbasis. Im Ergebnis führte dies zu einer effektiven Doppelbesteuerung der beiden Erben. Das Bundesgericht stützte die Position des Kantons Waadt und hielt fest, dass die interkantonale Steuerausscheidung bei Erbschaften im Wesentlichen jener für Vermögenssteuern gleichkommt. Die bernische Praxis diene nicht der effektiven Vermeidung der interkantonalen Doppelbesteuerung, da der gewählte Mechanismus von der Anwendung kantonalen Rechts in Bezug auf die Steuerberechnung abhängt und sich dieser naturgemäss zwischen den Kantonen unterscheidet. Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 13. November 2023 (9C_624/2023): Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuern 2008-2010 (Genf); die über die nachträglich im Rahmen einer Selbstanzeige deklarierten Aktivitäten einer transparenten US LLC qualifizieren nicht als gewerbsmässiger Wertschriftenhandel. Die geltend gemachten Kapitalverluste sind entsprechend nicht abzugsfähig. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen, soweit darauf eingetreten werden kann.
  • Urteil vom 13. November 2023 (9C_608/2022): Grundstückgewinnsteuer (Zürich); in materieller Hinsicht prüft das BGer, ob die Grundstückgewinnsteuer infolge steuerneutraler Umstrukturierung aufzuschieben ist. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Liegenschaften, die von der Einzelunternehmung auf eine AG übertragen wurden, einen Betrieb darstellen, der steuerneutral auf eine juristische Person übertragen werden kann. Die Vorinstanz verneinte das Vorliegen eines Betriebs, weil es an der Beschäftigung mindestens einer Person fehle. Das Bundesgericht weist darauf hin, dass die Verwaltung eigener Immobilien nur ausnahmsweise die Merkmale eines Betriebs aufweist. Eine professionelle Immobilienbewirtschaftung wird hierfür vorausgesetzt. Die für die Qualifikation als Betrieb geforderte professionelle Immobilienbewirtschaftung hängt allerdings nicht davon ab, ob die Verwaltung vom Immobilienunternehmen selber ausgeführt wird oder durch Dritte im Auftragsverhältnis erfolgt. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die vom Beschwerdeführer erworbenen Liegenschaften seit Jahren vermietet werden, einen hohen Ertrag abwerfen (netto über CHF 2 Mio./Jahr gemäss Vorinstanz; zur Bedeutung des Ertrags vgl. Urteil 2C_674/2018 vom 18. Dezember 2018 E. 4.3) und eine professionelle Immobilienbewirtschaftung besteht. Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des VGer ZH vom 26. April 2022 aufgehoben.

Nichteintretens- und Abschreibungsentscheide:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.