Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in der Woche vom 31. August - 6. September 2020 publiziert wurden.

  • Urteil vom 23. Juli 2020 (2C_426/2020): Zoll; Ursprungsnachweis; Streitig ist, ob die Zollfreiheit gemäss dem Freihandelsabkommen zu versagen ist und entsprechend Zoll und andere Einfuhrabgaben nachgefordert werden müssen, wenn die Zollbehörden des Ausfuhrstaats im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens zum Schluss kommen, dass die Voraussetzungen für die zollfreie Präferenzbehandlung nicht erfüllt seien. Das Bundesgericht bejaht dies und sagt, dass die Behörden des Einfuhrstaates an das Ergebnis dieser Nachprüfung durch den Ausfuhrstaat gebunden sind und sie auch nicht den Ursprung der streitbetroffenen Ware selbst feststellen müssen. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen (vgl. unseren Beitrag vom 07. Juni 2020).
  • Urteil vom 17. August 2020 (2C_576/2020): Direkte Bundessteuer 2016 (Thurgau); echter Sanierungserfolg. Die Steuerverwaltung hatte einen (nicht erfolgswirksam verbuchten) Forderungsverzicht des Beteiligungsinhabers aufgerechnet, woraufhin die Steuerpflichtige eine neue Steuererklärung ohne Forderungsverzicht einreichte. Bilanzänderungen sind ausgeschlossen, mit denen Wertveränderungen zum Ausgleich von Aufrechnungen im Veranlagungsverfahren erfolgen oder lediglich aus Gründen der Steuerersparnis vorgenommen werden sollen. Beim Nichterkennen der Steuerfolgen des Forderungsverzichts handelt es sich sodann nicht um einen «entschuldbaren Irrtum», da er nicht auf den Sachumständen fusst. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 21. August 2020 (2C_190/2020): Erbschaftssteuer (Genf); Der Streit betrifft den letzten Wohnsitz des Erblassers und damit die Erbschaftssteuerpflicht. Die steuerpflichtigen Erben behaupteten, dass der Wohnsitz des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes in Madrid war und der Wohnsitz in Genf lediglich fiktiv war. Der Begriff des Wohnsitzes sei falsch angewendet worden in Genf. Das Bundesgericht prüft diese Beschwerde nur auf Willkür. Die Beschwerdeführer können nicht nachweisen, wieso das Ergebnis der allgemeinen Beweisabwägung für die Begründung des Wohnsitzes in Genf unhaltbar ist. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die spanischen Behörden mangels Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Erbschaftssteuer auch eine Erbschaftssteuer erheben. Abweisung der Beschwerde der steuerpflichtigen Erben.
  • Urteil vom 25. August 2020 (2C_326/2020): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2015 (Genf); Kenntnisnahme einer mangelhaft eröffneten Veranlagungsverfügung löst, trotz Mangelhaftigkeit, 30-tägige Rechtsmittelfrist aus; da die Mangelhaftigkeit bereits im ordentlichen Verfahren hätte geltend gemacht werden können, ist die Revision ausgeschlossen; Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 6. August 2020 (2C_295/2020): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2014 und 2015 (Zürich); Aufrechnung simulierter Darlehen; der Steuerpflichtige hatte Schulden bei seiner Mutter; Die Mutter zeichnete im Rahmen einer Kapitalerhöhung der AG des Steuerpflichtigen Inhaberaktien und liberierte diese durch (Sach-)Einlage ihrer Forderungen in Form von Inhaberschuldbriefen, allesamt zulasten des Steuerpflichtigen. Im Unterschied zur Teilliberierung konnte die AG nach der Sacheinlage über die Darlehensforderung gegen den Steuerpflichtigen verfügen und ist ihr ein Aktivum zugeflossen; durch Verzicht auf dieses Aktivum liegt bei der AG ein Mittelabfluss und beim Steuerpflichtigen ein Mittelzufluss (steuerbarer Beteiligungsertrag) vor; Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 27. August 2020 (2C_866/2019): Vermögenssteuer; Bewertung nicht kotierter Aktien 2008 (Genf); Vorliegend geht es um den Vermögenssteuerwert von Aktien einer Anwaltskanzlei. Die Beschwerdeführer rügten, dass das Steueramt Genf die falsche Bewertungsmethode gewählt hat. Das Bundesgericht untersucht eine solche Rüge nur auf Willkür hin, da die Kantone in dieser Frage einen weiten Handlungsspielraum haben. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 27. August 2020 (2C_1037/2019): Amtshilfe DBA Schweiz-Schweden; die Schreiben der schwedischen Steuerbehörde, wonach die Steuerprüfung ohne Aufrechnungen abgeschlossen sei, vermögen nicht das aktuelle Interesse der ESTV an der Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheids zu beseitigen. Die Formulierung "held by" im fraglichen Amtshilfeersuchen bezieht sich nicht nur auf direkt sondern auch auf indirekt gehaltene Konten. Unter indirekt gehaltenen Konten sind vorliegend Konten zu verstehen, die zwar nicht auf den Namen einer Person lauten, in Bezug auf welche besagte Person aber eine wirtschaftliche Verfügungsmacht hat, weil sie wirtschaftlich Berechtigte ist oder aber über eine entsprechende Vollmacht verfügt. Die betroffenen Personen sind nicht berechtigt, die Schwärzung der in den entsprechenden Bankdokumenten genannten Namen Dritter zu verlangen. Gutheissung der Beschwerde der ESTV (siehe auch unseren Beitrag vom 8. Dezember 2019).

Nichteintretensentscheide:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.