Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in der Woche vom 11. Mai - 17. Mai 2020 publiziert wurden.

  • Urteil vom 31. März 2020 (2C_578/2019): Verrechnungssteuer (Geldwerte Leistungen); streitig war, ob die Darlehenszinsen für ein partiarisches Darlehen mit einer zweijährigen Kündigungsfrist, welches im Zuge der Umwandlung einer Gesellschaft gewährt wurde, in dem Umfang, in welchem die Zinssätze gemäss dem Rundschreiben der ESTV überschritten werden, verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen. Das Bundesgericht hat festgehalten, dass bei einem partiarischen Darlehen gegebenenfalls von den Zinssätzen gemäss dem Rundschreiben abgewichen werden kann. Dies erfordert aber, dass die besonderen Umstände, die zum Abschluss eines solchen und nicht eines gewöhnlichen Darlehens geführt haben, nachgewiesen und dargelegt werden. Vorliegend sei dies lediglich im Beteiligungsverhältnis begründet und auch die zeitlich eingeschränkte Kündbarkeit eines Darlehens rechtfertige die Nichtanwendbarkeit der Zinssätze vom Rundschreiben nicht. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen; vgl. auch unseren Beitrag vom 30. Juni 2019.
  • Urteil vom 21. April 2020 (2C_135/2020): MWST (1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2014); auf die Steuerpflichtige, welche einerseits Textilien ohne weitere Verarbeitung und andererseits solche Textilien, auf denen Präge- und Siebdruckarbeiten durchgeführt wurden, verkauft, sind richtigerweise zwei verschiedene Saldosteuersätze anzuwenden. Auf Rechnungen der Beschwerdeführerin für den Verkauf von verarbeiteten Textilien, rechtfertigt es sich zudem, auf den gesamten Betrag den höheren Satz für verarbeitete Textilien anzuwenden, da keine Unterscheidung zwischen dem Preis der Arbeit einerseits und dem für die Ware andererseits möglich ist. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 28. April 2020 (2C_775/2019): Kantons- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer (Waadt, Steuerperioden 2006 bis 2010); wenn eine Gesellschaft Zahlungen zugunsten von ausländischen Vertragspartnern verbucht, sind die Ermittlungsmöglichkeiten der Steuerbehörde notwendigerweise eingeschränkt. Daraus ergibt sich eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen, der nicht nur den Empfänger der Zahlung, sondern auch alle Umstände angeben muss, die zur betreffenden Zahlung geführt haben. Dies ist insbesondere der Fall einer Schweizer Gesellschaft, welche Verträge mit einer in den Seychellen ansässigen Firma abgeschlossen hat. Damit hat die Steuerbehörde zu Recht geldwerte Leistungen aufgerechnet. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 28. April 2020 (2C_777/2019): Kantons- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer (Waadt, Steuerperioden 2006 bis 2010); Bestätigung der Rechtsprechung, dass geldwerte Leistungen einer Kapitalgesellschaft in Anwendung der Dreieckstheorie beim Aktionär als Einkommen aufgerechnet werden, wenn diese Leistungen an diesem nahestehende Personen ausgerichtet werden. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 7. April 2020 (2C_1057/2018): Staats- und Gemeindesteuern 2011 (Aargau); streitig war, ob die angewendete Methode zur Ermittlung des Verkehrswertes von Aktien (ähnlich Mitarbeiteraktien), bei welchen in einem Aktionärsbindungsvertrag eine Veräusserungsbeschränkung und ein Vorkaufsrecht vereinbart wurden, bundesrechtskonform ist. Die Vorinstanz hatte einzig auf den Substanzwert (ohne Ertragswert) abgestellt. Dabei hat das Bundesgericht festgehalten, dass in der vorliegenden Konstellation nicht zu beanstanden war, wenn die Vorinstanz die einkommenssteuerrechtliche Verkehrswertbemessung anders als gemäss den Regelungen für die Ermittlung des Verkehrswertes für die Vermögenssteuer vorgenommen hat. Abweisung der Beschwerde der Steuerbehörde.
  • Urteil vom 7. April 2020 (2C_331/2019): Direkte Bundessteuer 2012 (Schwyz); Der Berichtigungstatbestand muss eher weit ausgelegt werden, um der Risikoverteilung zwischen den Steuerbehörden und Steuerpflichtigen Rechnung zu tragen. In einem Fall, wo es um die Bewältigung von Aufgaben geht, die früher mittels Handarbeit erledigt wurden und heute mittels Einsatz von EDV-Programmen gemacht werden, soll der Berichtigungstatbestand auch bei durch Programmierfehler verursachten fehlerhaften Veranlagungen zur Anwendung kommen. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 8. April 2020 (2C_500/2018): Staats- und Bundessteuer 2015 (Solothurn); auf die Besteuerung durch Eigennutzung von Grundstücken (Eigenmietwert) wird nur verzichtet, sofern objektive, äussere Umstände die Nutzung verunmöglichen. Bei Leerstand müssen eindeutige, professionelle Verkaufsbemühungen nachgewiesen werden. Der Zufluss von Einkommen ist im Zeitpunkt des festen Rechtsanspruchs. Dies auch dann, wenn eine nahestehende Person die geschuldeten Mietzinsen nicht bezahlt. Als behinderungsbedingte Kosten gelten nur solche, welche als direkte Folge der Behinderung entstehen.
  • Urteil vom 15. April 2020 (2C_522/2018): Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Zürich und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2014 (Zürich); Umwandlung einer Kollektivgesellschaft in eine AG per 30. Juni 2014, steuerlich rückwirkend per 1. Januar; den Steuerpflichtigen wurde der sog. grosse Säule 3a-Abzug bis zum 30. Juni 2014 gewährt, weil nachgewiesen war, dass (1) die AG für diese Zeitspanne keine AHV-Beiträge für die Angestellten bezahlt hatte, (2) die Beschwerdeführer für diese Zeitspanne mit der Ausgleichskasse als Selbständige abgerechnet hatten, und (3) die AG erst ab 1. Juli 2014 einer Vorsorgeeinrichtung im Sinne von Art. 80 BVG angeschlossen wurde und vor diesem Zeitpunkt keine BVG-Beiträge bezahlt worden sind. Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 21. April 2020 (2C_544/2019): Kantons- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer für die Jahre 2011 bis 2013 (Genf); zahlt ein Steuerpflichtiger die Unterhaltsbeiträge nicht in der im Scheidungsurteil vorgesehenen Form, sondern behauptet er, mit seiner früheren Ehefrau informell ein System indirekter Zahlungen (Übernahme bestimmter, die Kinder betreffende Ausgaben) vereinbart zu haben, so darf er diese Ausgaben nicht nach Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG abziehen. In Ermangelung einer klaren Regelung zwischen den ehemaligen Ehegatten kann der Vorinstanz nicht vorgeworfen werden, dass sie der Ansicht war, die verschiedenen vom Beschwerdeführer vorgelegten Zahlungsbelege belegten seien nicht geeignet, eine indirekte Zahlung von Unterhaltsbeiträgen nachzuweisen.  Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 30. April 2020 (2C_1025/2019): Direkte Bundessteuer, Kantons- und Gemeindesteuern für die Steuerperiode 2012 (Genf); das Schreiben der Steuerverwaltung hat die relative Frist von 5 Jahren für die Veranlagungsverjährung rechtmässig und rechtzeitig unterbrochen; Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.

Unzulässige Beschwerden / Nichteintretensentscheide:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.