Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in der Woche vom 17. - 23. Februar 2020 publiziert wurden.

  • Urteil vom 30. Januar 2020 (2C_79/2019): Staats- und Gemeindesteuern sowie direkte Bundessteuer 2010; Grundstückgewinnsteuer (Tessin); Geldwerte Leistungen; Bestimmung des steuerrechtlichen Verkehrswertes einer Liegenschaft; Die Bestimmung des Verkehrswertes einer Liegenschaft gestützt auf die Annahme, dass ein Grundstück bis zu 80% seines Verkehrswertes mit einer Hypothek belastet werden kann, entspricht den von der Lehre und Rechtsprechung vorgesehen Standardmethoden zur Festlegung des Verkehrswertes nicht. Teilweise Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 7. Februar 2020 (2C_28/2020): Zwischenanpassung der Grundstückschätzungswerte (Tessin); Im Hinblick auf die Grundstückschätzungen verfügen die Kantone über einen erheblichen Gestaltungsspielraum (vgl. Art. 14 StHG). Wo das Bundesrecht den Kantonen einen Gestaltungsspielraum einräumt, ist die Kognition des Bundesgerichts auf Willkür beschränkt. Deshalb ist die Prüfungsbefugnis des BGer auf die Frage beschränkt, ob der angefochtene Entscheid Grundrechte verletzt. Da der Beschwerdeführer deren Verletzung nicht rügt, ist die Beschwerde des Steuerpflichtigen unzulässig.
  • Urteil vom 27. Januar 2020 (2C_973/2019): Verwaltungsgebühr; die von der schweizerischen Akkreditierungsstelle (SAS) erhobene Kausalabgabe für die Erneuerung einer bestehenden Akkreditierung als Konformitätsbewertungsstelle entspricht Bundesrecht, selbst wenn der Verordnungsgeber davon abgesehen hat, für diese Abgabe auf ein generell-abstraktes Mengengerüst zu verzichten; Abweisung der Beschwerde.
  • Urteil vom 28. Januar 2020 (2C_216/2019): Grundstückgewinnsteuer 2010 (Bern); Zu beurteilen war, ob ein von der Gewinnsteuer befreiter Fonds mit direktem Grundbesitz, der einen steuerbaren Grundstückgewinn ausserhalb des Sitzkantons der Fondsleitung erzielte, Verluste aus ausserkantonalen Grundstücksgeschäften vom besagten Grundstückgewinn abziehen kann. Laut Bundesgericht liegt ein interkantonaler Sachverhalt vor. Der Abzug ausserkantonaler Ausscheidungsverluste kann nicht generell verweigert werden, ansonsten eine Verletzung des Schlechterstellungsverbots vorliegt. Ausgeschlossen ist eine Verrechnung der Verluste aus Grundstücksveräusserungen mit den vom Fonds im gleichen Kanton erzielten (steuerfreien) Erträgen. Das Bundesgericht gelangt zum Schluss, dass die ausserkantonalen Verluste aus Grundstücksgeschäften vom Grundstückgewinn abzuziehen sind, das angefochtene Urteil damit bundesrechtswidrig ist. Gutheissung der Beschwerde der Fondsleitung.
  • Urteil vom 30. Januar 2020 (2C_714/2019): Grundstückgewinnsteuer 2014 (Zürich); Die Beschwerdeführerin schloss 1996 mit B. und C. eine als «Treuhandvertrag» bezeichnete Vereinbarung. Darin übernahmen Letztere vier Stockwerkeigentumsanteile, wobei sie einen Pauschalbetrag leisteten. Die Beschwerdeführerin blieb weiterhin im Grundbuch eingetragen und verwaltete das Stockwerkeigentum treuhänderisch. Eine Grundstückgewinnsteuer wurde damals nicht erhoben. Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag von 2014 veräusserte die Beschwerdeführerin die Stockwerkeigentumsanteile an B. und C. Das Bundesgericht bestätigt, dass der Kaufvertrag von 2014 einen Grundstückgewinnsteuertatbestand darstellt, weil B. und C. erst mit dem Kaufvertrag 2014 an den Stockwerkeigentumsanteilen dinglich berechtigt wurden, während ihnen mit dem Treuhandvertrag erst obligatorische Rechte zukamen. Zudem Abweichung vom vereinbarten Kaufpreis bestätigt. Abweisung der Beschwerde.
  • Urteil vom 23. Januar 2020 (2C_57/2018): Staats- und Gemeindesteuern Aargau (2012); Im Rahmen einer steuerneutralen Umstrukturierung wurde das operative Geschäft der A. Genossenschaft mit Sitz in Basel und damit die Betriebsstätten rückwirkend per 1. Januar 2013 auf eine neu gegründete Tochtergesellschaft mit Sitz in Basel überführt, nicht übertragen wurden die Immaterialgüterrechte der A.-Gruppe. Der Muttergesellschaft wurde rückwirkend per 1. Januar 2013 das Holdingprivileg zugesprochen. Laut Bundesgericht verfügte der Betriebsstättekanton Aargau gestützt auf § 71 Abs. 5 StG AG grundsätzlich über ein Besteuerungsrecht in Bezug auf die steuersystematische Realisierung stiller Reserven auf Immaterialgüterrechten bei vorliegender Umstrukturierung (mit Statutswechsel), vorausgesetzt, den aargauischen Betriebsstätten können für die Steuerperiode 2012 überhaupt solche stillen Reserven zugewiesen werden. Sofern dies aufgrund des Sachverhalts und der Steuerteilungsregeln nicht der Fall ist, entfällt der Steueranspruch des Kantons Aargau mangels Steuersubstrat. Die Sache wurde zur Abklärung und ergänzenden Sachverhaltsfeststellung an die Vorinstanz zurückgewiesen, welche anschliessend aufgrund der zusätzlichen Feststellungen die Steuerausscheidung erneut vorzunehmen bzw. in der Sache neu zu entscheiden hat. Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 24. Januar 2020 (2C_717/2018): Direkte Bundessteuer, Staats- und Gemeindesteuern des Kantons St. Gallen 2010-2012. Verdeckte Gewinnausschüttung. Das unentgeltlich eingeräumte Nutzungsrechts an einer Wohnung wird bei der Beschwerdeführerin als verdeckte Gewinnausschüttung hinzugerechnet. Begünstigte Personen sind der einzelzeichnungsberechtigte Delegierte des Verwaltungsrates der Beschwerdeführerin oder eine Gesellschaft, bei welcher dieser dieselbe Funktion ausübt. Der kalkulatorische Mietzins wurde korrekt aufgrund des nachfolgenden Mietverhältnisses ermittelt. Für eine Abweichung des Mietzinses wurde die Sanierungsbedürftigkeit der Wohnung sowie die anschliessende Sanierung nicht in genügend substantiierter Weise dargelegt. Ausserdem wurde die Geldleistung für Liegenschaftsunterhalt, welche einer Tochtergesellschaft einer Gesellschaft, an welcher die Beschwerdeführerin zu 10.43% beteiligt ist, entrichtet wurde, zurecht als verdeckte Gewinnausschüttung eingestuft. Als Indiz gilt, dass die Leistung ausserhalb des Unternehmenszwecks liegt und keine Hinweise auf Tätigkeiten in diesem Bereich vorliegen sowie dass die Empfängerin der Geldleistung keine Aufwendungen für Personal oder Fremdarbeiten ausgewiesen hat. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen, soweit darauf eingetreten wird.
  • Urteil vom 29. Januar 2020 (2C_348/2019) / Urteil vom 29. Januar 2020 (2C_350/2019): Tabaksteuer; Cannabisblüten; betroffen war die zollrechtliche Behandlung von (legalem) Cannabis mit einem THC-Gehalt von unter 1%; das Bundesgericht hatte durch Auslegung zu ermitteln, ob das TStG und die TStV in Bezug auf Cannabisblüten dem Legalitätsprinzip im Steuerrecht gerecht werden, da Cannabisblüten weder im TStG noch in der TStV erwähnt werden. Fraglich war, ob sie unter den Begriff «Ersatzprodukte» zu subsumieren sind. Unbestritten war, dass die Cannabisblüten von der Beschwerdeführerin als Tee oder Lebensmittel (jedenfalls nicht als Produkt zum Rauchen) beworben und angeboten wurden. Aus Sicht des Konsumenten sind die von der Beschwerdeführerin angebotenen Cannabisblüten folglich gerade kein Ersatz für herkömmliche Tabakfabrikate, sondern befriedigen andere Bedürfnisse. Bei Cannabisblüten handelt es sich, auch wenn sie unter anderem geraucht werden, um ein Produkt mit speziellen Eigenschaften, welches zu Tabakprodukten nicht in einem Substitutionsverhältnis steht. Folglich fehlt es im TStG und der TStV an einer gesetzlichen Grundlage, um die Cannabisblüten der Tabaksteuer zu unterwerfen. Die Beschwerde erweist sich damit als begründet und wird gutgeheissen.
  • Urteil vom 29. Januar 2020 (2C_402/2019): Tabaksteuer; das vorliegend betroffene CBD-Produkt, weisst, unabhängig vom Tabakgehalt, nicht dieselbe Aufmachung bzw. dieselben Eigenschaften auf wie Feinschnitttabak; bereits in früheren Urteilen zum Wasserpfeifentabak hat das Bundesgericht festgehalten dass dieser, weil er nicht dieselbe Aufmachung bzw. Eigenschaften wie Feinschnitttabak aufweist, nicht wie solcher besteuert werden kann und hat eine fehlende, gesetzliche Grundlage konstatiert. Die vorliegend betroffenen Cannabisblüten der Marke [...] mit geringem THC-Gehalt von unter 1% werden [entegegen den voranstehenden Entscheiden 2C_348/2019 und 2C_350/2019] unbestrittenermassen zum Rauchen in einer Pfeife oder anderen Rauchgeräten oder zum Verdampfen mittels Vaporizer angeboten und sind demzufolge nach dem Steuertarif für anderen Rauchtabak als Feinschnitttabak gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. c und Anhang IV TStG zu besteuern. Die Beschwerde erweist sich als begründet und wird gutgeheissen.
  • Urteil vom 29. Januar 2020 (2C_45/2019) / Urteil vom 29. Januar 2020 (2C_46/2019): Handänderungssteuer (Graubünden); Es ist nicht unhaltbar, die Überführung von Grundstücken aus der gemeinsamen tatsächlichen Verfügungsgewalt aller Gesellschafter einer Immobiliengesellschaft in die alleinige tatsächliche Verfügungsgewalt eines einzelnen Gesellschafters als wirtschaftliche Handänderung zu verstehen; Es ist bereits aus Praktikabilitätsüberlegungen vertretbar, die Handänderungssteuer alleine bei Handänderungen innerhalb von Personengesellschaften zu reduzieren; Abweisung der Beschwerde.
  • Urteil vom 29. Januar 2020 (2C_9/2019): Handänderungssteuer (Graubünden); Art. 8 GKStG/GR wurde durch die Vorinstanz willkürlich angewendet, da es bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu keinem Übergang der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die Grundstücke gekommen ist und sich dies auch zum Vorteil des Steuerpflichtigen auswirken kann; Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 4. Februar 2020 (2C_761/2019): Ersatzabgabe für Parkplätze und Spielplätze; Im vorliegenden Fall stützen sich die Abgaben auf zwei Gemeindeverordnungen, die vom Gemeinderat der Stadt Freiburg (Exekutivorgan) erlassen wurden; Diese entsprechen nicht dem Legalitätsprinzip bzw. den nötigen Delegationserfordernissen; Gutheissung der Beschwerde des Abgabepflichtigen.
  • Urteil vom 4. Februar 2020 (2C_772/2019): Direkte Bundessteuer, Kantons- und Gemeindesteuern 2004 (Genf), Solidarhaftung des Verwaltungsrats (vgl. auch unseren Beitrag vom 11. März 2019); der Steuerbezug der streitigen Forderung ist zum Urteilszeitpunkt verjährt; Gutheissung der Beschwerde des Pflichtigen, soweit darauf eingetreten werden kann.
  • Urteil vom 7. Februar 2020 (2C_5/2020): Quellensteuer; Verletzung des rechtlichen Gehörs; Sowohl die Quellensteuerbehörde als auch die letzte kantonale Instanz haben den Sachverhalt vollständig festgestellt und dadurch ihre Untersuchungspflicht, ihre Begründungspflicht und das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers nicht verletzt. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.

Nichteintretensentscheide / unzulässige Beschwerden:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.