Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen dem 18. - 31. Dezember 2023 publiziert wurden:

  • Urteil vom 22. November 2023 (9C_639/2022): Kantons- und Gemeindesteuern 2013-2015 (Tessin); die im Fundraisingbereich tätige A. AG (Steuerpflichtige) hat ihren Sitz in Kanton Zürich. Streitig war, ob die Steuerpflichtige in den Kantonen Tessin und Waadt eine Betriebsstätte unterhielt, was der Kanton Zürich verneinte, das Bundesgericht angesichts der vor Ort gemieteten Räumlichkeiten, von welchen die lokalen Kampagnen und Aktivitäten von "Dialogern" auf öffentlichem Grund verwaltet wurden.
  • Urteil vom 4. Dezember (9C_681/2023): Verrechnungssteuer 2012; Die beschwerdeführende A. AG ist im Bereich der Vermögensverwaltung tätig, insbesondere auch betreffend Liegenschaften und deren Finanzierung. Die ESTV eröffnete gegen B (Delegierter des Verwaltungsrates), ein Verwaltungsstrafverfahren. Der Untersuchungsbericht der ASU ergab, dass B. eine Liegenschaft der A. AG ab Juli 2010 bis Mai 2012 bewohnt hatte, ohne dafür Mietzins zu bezahlen. Ebenfalls habe die A. AG Renovationsarbeiten über CHF 54'000 durch die D. AG verbucht, für welche B ebenfalls Organperson gewesen ist. Aufgrund der fehlenden Verbuchung von Aufwand für Personal oder Fremdarbeiten ging die ESTV – wie auch das Bundesgericht – jedoch nicht davon aus, dass die Renovationsarbeiten tatsächlich von der D. AG erbracht worden sind. Die ESTV erhob die Verrechnungssteuer aufgrund der geldwerten Leistungen der A. AG. Die hiergegen vorgebrachten Argumente mit Verweis auf Art. 6 EMRK laufen ins Leere, da Art. 6 EMRK im Verwaltungsverfahren von vornerein nicht zur Anwendung gelangt. Auch verfingen die Argumentation zur Verjährung nicht, welche sich vorliegend nach 12 Abs. 4 VStrR richtet. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen im vereinfachten Verfahren.
  • Urteil vom 30. November 2023 (9C_667/2023, 9C_668/2023, 9C_669/2023): Kantons- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer 2008-2011 und 2013-2016 (Waadt); die gerügten Gehörsverletzungen in Zusammenhang mit Verfahren zu verdeckten Gewinnausschüttungen sind allesamt abzulehnen. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 30. November 2023 (9C_502/2023): Staats- und Gemeindesteuern Zug; Vorliegend fehlte der Steuerpflichtigen im Wesentlichen das schutzwürdige Interesse für den Erlass einer Feststellungsverfügung durch die kantonale Steuerverwaltung Zug betreffend die Bewertung von Aktien. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 6. Dezember 2023 (9CC_582/2023): Kantons- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer 2008-2010 (Waadt); bei der durch die Steuerpflichtigen gehaltenen AG waren diverse geldwerte Leistungen aufgerechnet wurden, welche sodann auch bei den Steuerpflichtigen als Kapitalertrag erfasst wurden. Die hiergegen erhobenen Rügen (inkl. Verjährungseinrede) verfangen nicht. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 7. Dezember 2023 (9C_682/2023): Direkte Bundessteuer 2011 und 2012 (Thurgau); Streitig und zu prüfen ist hauptsächlich die Anwendung von Art. 37b Abs. 1 Satz 1 DBG. Den Abschluss der Liquidation hat das Bundesgericht in einem früheren Entscheid am Verkauf der drei Parzellen, welche mittels Kaufvertrag vom 2. August 2012 veräussert wurden, festgemacht (Urteil 2C_390/2020 vom 5. August 2021, siehe auch unseren Beitrag vom 29. August 2021). Entgegen der Auffassung der beiden kantonalen Gerichtsbehörden darf dies nach Meinung der Steuerpflichtigen keine Rolle spielen, nachdem seinerzeit die Steuerperiode 2010 zu beurteilen gewesen sei, während es nunmehr um die beiden Folgeperioden gehe. Es stellt sich somit die Frage, ob das Urteil 2C_390/2020 vom 5. August 2021 zur Folge hat, dass auch in Bezug auf die Steuerperioden 2011 und 2012, und zwar inhaltlich beschränkt auf die Frage des Abschlusses der Liquidationsphase, eine res iudicata vorliege. Konzeption von Art. 37b Abs. 1 Satz 1 DBG ist, dass zwei Geschäftsjahre in derselben Weise zu behandeln sind. Deshalb gilt eine partielle Rechtskrafterstreckung. Die Rechtskraftwirkung beschränkt sich nun nicht auf die Steuerperiode 2010, sondern auch auf jene Steuerperioden, die gemäss damaliger bundesgerichtlicher Einschätzung als die letzten zwei Geschäftsjahre zu gelten haben, also 2011 und 2012. Abweisung der Beschwerde der steuerpflichtigen Ehegatten.
  • Urteil vom 23. November 2023 (9C_734/2022, 9C_735/2022): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2016 (Basel-Landschaft); Im vorliegenden Fall geht es um die Aufrechnung nicht deklarierter Darlehenszinsen der mittlerweile liquidierten B AG an den Steuerpflichtigen A. Im Umfang der Hälfte der gesamten Darlehenszinsen von rund CHF 100’000 ist die Aufrechnung unbestritten. Für die weitere Hälfte macht A im Wesentlichen geltend, dass diese nicht ihm zuzurechnen sei, sondern dem Dritten C. Die Zahlung an C kann A nachweisen, allerdings hatte A das gesamte Darlehen an die B AG geleistet. Strittig ist im Verfahren hauptsächlich, ob der Steuerverwaltung der (Haupt-)Beweis, dass die zweite Tranche dem Steuerpflichtigen zuzurechnen ist, geglückt ist resp. ob der Steuerpflichtige den steuermindernden Gegenbeweis erbracht hat. Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass die Vorinstanz willkürfrei feststellen durfte, dass der Steuerverwaltung der Hauptbeweis über die Zurechnung der gesamten Zinszahlungen gestützt auf diverse Indizien, wie beispielsweise Buchungsbelege die zeigen, dass allen Darlehensgebern jeweils der gleiche Zinsbetrag vergütet worden ist, gelungen und der hiergegen geführte Gegenbeweis durch den Steuerpflichtigen gescheitert ist. Auch habe es der Steuerpflichtige versäumt, trotz mehrfacher Aufforderungen der Vorinstanzen, die unklaren Umstände rund um die Darlehensgewährungen an die von ihm präsidierte und liquidierte Borgerin aufzuzeigen. Die Vorbringen des Steuerpflichtigen vermögen die Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht als unhaltbar abzutun: Zwar kann der Steuerpflichtige dartun, dass er nur eine Darlehenstranche (recte: Zinstranche) erhalten hat und die Zahlung der zweiten Darlehenstranche (recte: Zinstranche) an C geflossen ist. Hieraus kann er aber nicht im Umkehrschluss ableiten, dass er entgegen den Ausführungen der Steuerverwaltung nicht als Anspruchsberechtigter der zweiten Darlehenstranche (recte: Zinstranche) zu gelten hat, die ihm deswegen einkommenssteuerrechtlich zugerechnet wurde. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 6. Dezember 2023 (9C_675/2023): MWST 2013-2016, Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. September 2023 betreffend Aufrechnung Mietentgelt für privat genutztes Fahrzeug (siehe unseren Blogbeitrag vom 1. Oktober 2023); Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 4. Dezember 2023 (9C_688/2023): Kantons- und Gemeindesteuern 2008 (Genf); Im vorliegenden Fall geht es um die Zulässigkeit der Ausweitung eines Nachsteuerverfahrens gegen den Steuerpflichtigen, welches zuerst nur die Einkommenssteuer betraf, im Zuge des Verfahrens aber auch auf die Vermögenssteuer ausgeweitet wurde. Die Nachsteuern betreffend die Einkommenssteuer, welche auf mehreren im Rahmen einer Untersuchung der ASU festgestellten geldwerten Leistungen beruhen, sind unbestritten. Ebenfalls unbestritten ist, dass diese geldwerten Leistungen und fiktiven Buchungen der Gesellschaft ihren Steuerwert beeinflussten. Vielmehr ist strittig, ob die Ausweitung des Nachsteuerverfahrens dem Steuerpflichtigen rechtsgenüglich mitgeteilt wurde. Das Bundesgericht erachtet die Mitteilung mittels nur einfach gezeichnetem Schreiben der Genfer Steuerbehörden als rechtsgenüglich. Der Anspruch des Steuerpflichtigen auf rechtliches Gehör bei der Ausweitung des Verfahrens auf die strittigen Vermögensteile wurde vollumfänglich gewahrt, da die Steuerbehörden zusätzlich per E-Mail detailliert erläuterten, auf welcher Grundlage die Nachsteuern berechnet wurden und warum die Voraussetzungen für ein Nachsteuerverfahren erfüllt waren. Auch läuft die weitere Argumentation des Steuerpflichtigen ins Leere, wonach für reine Bewertungsfragen kein Nachsteuerverfahren eröffnet werden kann. Zwar geht es vorliegend für Vermögenssteuerzwecke tatsächlich um die Bewertung der Wertpapiere, allerdings basierte die ursprüngliche Bewertung auf einem Abschluss mit massiven fiktiven Aufwänden, weshalb vorliegend nicht die eigentliche Bewertungsmechanik korrigiert wird, sondern die zugrundeliegenden Fakten. Deshalb sei vorliegend nicht von einer einfachen Bewertungsdifferenz auszugehen, die eine Nachtsteuer ausschliesst. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 11. Dezember 2023 (9C_709/2023): Kantons- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer 2008-2015 (Genf); Sicherstellung; Entgegen der Erwägungen der Vorinstanz hat der Steuerpflichtige das Ausstandsgesuch gegen einen Richter der Entscheidgremiums nicht verspätet geltend gemacht, da er angesichts der Zahl vorhandener Richter der Vorinstanz bei Beschwerdeeinreichung nicht mit dessen Beizug rechnen musste. Materiell gesehen liegt allerdings allein aufgrund der Tatsache, dass der besagte Richter für während eines Teils der (vor Verjährungseintritt) betroffenen Steuerperioden Generaldirektor der Steuerverwaltung war, kein Ausstandsgrund vor. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
  • Urteile vom 14. Dezember 2023 (9C_665/2022; 9C_666/2022): Staats- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer 2008 (Zürich); Streitig ist, ob die Vorinstanz beim Verkauf der Aktien der D. AG durch den Steuerpflichtigen zu Recht die Voraussetzung der verkäuferseitigen Mitwirkung bejaht hat und daher im Nachsteuerverfahren von einem steuerbaren Vermögensertrag im Rahmen einer indirekten Teilliquidation ausgegangen ist. Um den Mitwirkungsvorwurf auszuschliessen, muss der Verkäufer prüfen, ob der Käufer ohne Rückgriff auf die Mittel der Zielgesellschaft imstande ist, den Kaufpreis aus eigener Kraft zu finanzieren. Beim Kriterium der Bonitätsprüfung handelt es sich um eine Sorgfaltspflicht des Verkäufers. Die Vorinstanz führte hierzu zusammengefasst aus, dass die Mitwirkung auch bei einer finanzstarken Käufergesellschaft erfüllt sein könne und eine Substanzausschüttung bei wirtschaftlich potenter Käuferschaft vielmehr zu erwarten sei, wenn zum Verkaufszeitpunkt nicht-betriebsnotwendige Substanz in grossem Ausmass vorhanden sei, welche auf absehbare Zeit in einem Missverhältnis zu den betrieblichen Erfordernissen der gekauften Gesellschaft stehe, was vorliegend der Fall sei. Im Ergebnis zeigt sich, dass mit Blick auf die Rechtsprechung die vorinstanzliche Argumentation in Bezug auf das subjektive Element der passiven Mitwirkung des Verkäufers als Steuerpflichtiger nicht zu beanstanden ist. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 29. November 2023 (9C_490/2023): Staats- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer 2011-2017 (Zürich); unentgeltliche Rechtspflege; Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen und Rückweisung an die Vorinstanz zur Neubeurteilung des Gesuchs.

Nichteintretens- und Abschreibungsentscheide:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.