Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen dem 4. - 10. Dezember 2023 publiziert wurden:

  • Urteil vom 17. November 2023 (9C_711/2022) zur Publikation vorgesehen: Direkte Bundessteuer 2009 (St. Gallen); Streitig ist, ob die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen ist, dass die steuerpflichtige Person von der Amtshandlung nicht effektiv Kenntnis nehmen muss, sondern auch die Wiedergabe des Veranlagungsvorschlags in einem Schreiben einer Drittperson die Verjährung unterbricht. Der steuerpflichtige A. macht geltend, dass für das Jahr 2009 die Veranlagungsverjährung eingetreten sei. Die Vorinstanz stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, dass die relative Verjährungsfrist im Jahr 2014 unterbrochen wurde. Die Verjährungsfrist kann unter gewissen Umständen unterbrochen werden. In welcher Form die Amtshandlung zur Kenntnis gebracht werden muss, schreibt Art. 120 Abs. 3 lit. a DBG nicht vor. Die grammatikalische Auslegung liefert kein eindeutiges Ergebnis. Den Materialien lassen sich ebenfalls keine sachdienlichen Hinweise entnehmen. Im Einklang mit der Literatur ist für die Auslegung von Art. 120 Abs. 3 lit. a DBG auf den Lösungsansatz zurückzugreifen, der für die Eröffnung von Entscheiden entwickelt worden ist. Entgegen der Vorinstanz wird die Verjährung also durch die blosse Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht unterbrochen, wenn die Steuerbehörde ihre Amtshandlung der steuerpflichtigen oder mithaftenden Person oder ihrer Steuervertretung nicht direkt mitteilt. Das Steueramt hat den Veranlagungsvorschlag dem Beschwerdeführer nicht direkt mitgeteilt. Vorbehaltlich eines Vertretungsverhältnisses können die Treuhand- und die Steuerberatungsfirma sowie ihre Mitarbeiter, die vom Veranlagungsvorschlag Kenntnis hatten, nicht der Machtsphäre des Beschwerdeführers zugerechnet werden. Weder die von der Vorinstanz genannten Indizien, noch die übrigen Akten lassen einen Schluss auf ein Vertretungsverhältnis zu. Gutheissung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 21. November 2023 (9C_14/2023) zur Publikaton vorgesehen: Kantons- und Gemeindesteuern Kanton Genf; Strittig war, ob der Genfer Gerichtshof (Cour de justice) zu Recht davon ausging, dass die Beschwerdeführerin kein Nachsteuer- und Hinterziehungsverfahren gegen die Beschwerdegegnerin für die Jahre 2011 bis 2013 einleiten konnte, da sie sich nicht mit der Steuerverwaltung des Kantons, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, koordiniert hatte. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Steuerpflichtige, die ihren Sitz im Kanton Zürich hat, auch im Kanton Genf aufgrund einer wirtschaftlichen Zugehörigkeit steuerpflichtig ist, da sie dort eine Niederlassung betreibt. Das Bundesgericht kommt zum Schluss, wonach es im Einklang mit dem StHG zu sehen ist, wenn dem Sekundärkanton nicht von vornherein das Recht abgesprochen wird, ein Nachsteuerverfahren einzuleiten, sofern dieser der Ansicht ist, dass die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Diese Ausführungen gelten auch für den Fall einer Steuerhinterziehung im Sinne von Art. 56 Abs. 1 StHG. Die bisherige Rechtsprechung (vgl. BGE 139 I 64) wird hiermit durch das Bundesgericht aufgegeben, da diese den Grundsatz aufstellte, dass der sekundäre Kanton, der vor dem Wohnsitz- oder Sitzkanton eine definitive Veranlagungsverfügung erlassen hat, das Recht verwirkt hat, ein Nachsteuerverfahren (und erst recht ein Steuerhinterziehungsverfahren) zu eröffnen, auch wenn die Voraussetzungen dafür gegebenenfalls gegeben waren. Die Beschwerde wird somit in diesem Punkt gutgeheissen und zur Neubeurteilung an die kantonale Vorinstanz zurückgewiesen.
  • Urteil vom 22. November 2023 (9C_598/2023): Direkte Bundessteuer 2004–2009, 2011–2021 und Kantons- und Gemeindesteuern 2011–2021 (Waadt); Sicherstellung; Die Vorinstanz hat zu Recht entschieden, dass das Verlangen einer Sicherheitsleistung durch die Steuerverwaltung gerechtfertigt war. Es gelingt der Beschwerdeführerin nicht darzulegen, inwiefern die Feststellung einer Gefährdung der Bezahlung sowie die Festsetzung des geschuldeten Steuerbetrages offensichtlich unrichtig oder willkürlich war. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 13. November 2023 (9C_668/2022): Direkte Bundessteuer 2009 und 2011 (Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit Genf und Schwyz); Vorliegend streitbetroffen ist die Frage der örtlichen Zuständigkeit für die Veranlagung des Beschwerdeführers zwischen den Kantonen Genf und Schwyz. Dies einerseits für die Steuerperiode 2009 und andererseits für die Steuerperiode 2011. In seinem Urteil bekräftigte das Bundesgericht seine Beweislastregel in Bezug auf die unbeschränkte Steuerpflicht. Demnach hat der Steuerpflichtige den Nachweis einer neuen subjektiven Steuerpflicht zu führen, wenn eine bestehende Steuerpflicht aufgegeben wird. Im vorliegenden Fall gelang dies für das Jahr 2009 nicht, da sowohl der Sohn des Steuerpflichtigen als auch dessen Lebensgefährtin im Kanton Genf wohnten und der Steuerpflichtige regelmässig nach Genf zurückkehrte. Die Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen im Kanton Zürich, wohin er von seinem Wohnort in Schwyz pendelte, genügte nicht, insbesondere da es sich nicht um eine leitende Position handelte. Dies änderte sich für die Steuerperiode 2011, da die frühere Lebensgefährtin und mittlerweile Ehefrau des Steuerpflichtigen zu ihm in den Kanton Schwyz zog und er seine Immobilien in Genf zum Verkauf anbot. An diesem Resultat änderte auch nichts, dass der Sohn des Steuerpflichtigen bis zu Beginn des Jahres 2012 im Kanton Genf verblieb um das Schuljahr im Kanton zu beenden und erst im Jahr 2012 an eine Privatschule im Kanton Schwyz wechselte. Gutheissung der Beschwerde des Steuerpflichtigen für die Steuerperiode 2011; Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen für die Steuerperiode 2009.
  • Urteil vom 2. November 2023 (9C_730/2022): Einfuhrabgaben, Abgabeperiode 2020; Berichtigung; Es besteht selbst dann ein Anspruch auf Berichtigung, wenn der Irrtum der Spediteurin grobfahrlässig war. Gutheissung der Beschwerde (siehe unserer Beitrag vom 02.10.2022 https://www.taxlawblog.ch/blog/entscheide-des-schweizer-bundesverwaltungsgerichts-kw-39-2022).
  • Urteil vom 23. November 2023 (9C_706/2022): Kantons- und Gemeindesteuern 2020 (Freiburg); Gewinnungskosten; Strittig ist vorliegen die Abzugsfähigkeit der tatsächlichen Fahrtkosten zwischen Wohn- und Arbeitsort. Eine Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erscheint mit 2 h 49 min gegenüber einer Fahrt mit dem Privatauto von 1 h 43 min als unzumutbar. Ausserdem ist die Anzahl der zurückgelegten Kilometer (hier 292 km) kein genügender Grund für eine Verweigerung des Abzugs in Anbetracht der Tatsache, dass die Steuerpflichtige als Polizistin unregelmässige Arbeitszeiten hat (inkl. Nacht und Wochenende), die Stelle nur Übergangscharakter aufweist und sie alleinerziehendes Elternteil ist. Abweisung der Beschwerde der Steuerverwaltung.

Nichteintretens- und Abschreibungsentscheide:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.