Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen dem 25. September - 1. Oktober 2023 publiziert wurden:

  • Urteil vom 28. August 2023 (9C_637/2022): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern (Zürich) 2007-2009; Nachsteuer- und Bussenverfahren; Streitig ist, ob die Einkünfte aus der Familienstiftung steuerbar nach Art. 16 Abs. 1 DBG sind. Das VGer hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Zuwendungen der Familienstiftung mangels Schenkungswillen nicht in den Ausnahmekatalog von Art. 24 DBG fallen. Die Steuerpflichtigen vertreten dagegen die Auffassung, dass der Schenkungswille aus der Stiftungsurkunde hervorgehe. Wenn die erbrachten Leistungen nicht freiwillig, sondern in Erfüllung einer rechtlichen Pflicht erbracht werden, fehlt es an einer Schenkungsabsicht. Gerade weil die Stiftung eine eigene Rechtspersönlichkeit aufweist, ist allein auf das zwischen ihr und den Destinatären und gerade nicht auf das zwischen dem Stifter und den Destinatären bestehende Verhältnis abzustellen. Teilweise Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen hinsichtlich der Steuerperiode 2007 infolge Verjährung und Abweisung betreffend Steuerperioden 2008-2009.
  • Urteil vom 7. September 2023 (9C_610/2022): Emissionsabgabe, Abgabeperiode 2015; Streitig und zu prüfen war, ob die Abgabepflichtige den emissionsabgaberechtlichen Freibetrag im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. k StG in der Fassung vom 23. März 2007, in Kraft seit 1. Januar 2009, beanspruchen konnte, dies insbesondere unter dem Aspekt der "Beseitigung" vorbestehender Verluste. Dazu lag bisher keine vertiefende bundesgerichtliche Rechtsprechung vor. Der Gesetzgeber knüpft den Freibetrag im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. k StG insbesondere daran, dass "bestehende Verluste beseitigt werden". Das Bundesgericht kommt nach eingehender Prüfung zum Schluss, dass Art. 6 Abs. 1 lit. k StG - neben den beiden hier unstrittigen Elementen (Sanierung, Leistung von höchstens zehn Millionen Franken) - in buchungstechnischer Hinsicht die tatsächliche Ausbuchung des Verlustvortrags erfordert. In zeitlicher Hinsicht hat dies in jenem Zeitpunkt zu geschehen, in welchem die Sanierungsmassnahme zu verbuchen ist. Daran fehlt es vorliegend offensichtlich: Die Abgabepflichtige hat das Agio den Kapitaleinlagereserven gutgeschrieben und es folglich unterlassen, den Verlustvortrag rechtzeitig auszubuchen. Dies tat sie erst später, womit sie den gesetzlichen Anforderungen nicht (mehr) genügen konnte. Darauf ist sie zu behaften, weshalb sie den Anspruch auf die Ausnahme von der Emissionsabgabe verwirkt hat. Die Beschwerde durch die ESTV erweist sich damit als begründet und wird gutgeheissen.
  • Urteil vom 07. September 2023 (9C_691/2022): Mehrwertsteuer 2012-2013; Streitig ist, ob das Recht zur Festsetzung der Steuerforderung verjährt ist. Bezüglich der Steuerperiode 2012 ist die absolute Festsetzungsverjährung nach Art. 42 Abs. 6 MWSTG am 1. Januar 2023 eingetreten. Betreffend die Steuerperiode 2013 wurde mit der Kontrollankündigung vom 5. November 2014 die Verjährung unterbrochen. Am 17. August 2016 wurde eine Strafuntersuchung gegen ein Organ der Beschwerdeführerin eröffnet und die Mitteilung an sie erfolgte am 14. Oktober 2016. Dies hat zum Stillstand der Verjährung nach Art. 42 Abs. 4 MWSTG geführt. Die Steuerpflichtige bringt vor, dass die ESTV das Strafverfahren aus treuwidrigen Gründen nicht beendet habe und sie sich deshalb nicht auf den Stillstand berufen könne. Das BGer hält fest, dass die Steuer(justiz)behörden sich im Veranlagungsverfahren nur zu vergewissern haben, ob für die entsprechende Steuerperiode ein Steuerstrafverfahren durchgeführt und dies der zahlungspflichtigen Person mitgeteilt wurde. Sie haben nicht zu prüfen, ob das Steuerstrafverfahren im Einklang mit dem Grundsatz von Treu und Glauben, Unschuldsvermutung, Beschleunigungsgebot und anderen prozessualen Garantien durchgeführt wurde. Entsprechende Mängel sind ausschliesslich im Strafverfahren geltend zu machen. Das Strafverfahren wurde am 9. November 2021 eingestellt. Folglich stand die relative Festsetzungsverjährung vom 14. Oktober 2016 bis 9. November 2021 still und begann durch diverse Unterbrechungshandlungen neu zu laufen. Sie ist bis zum heutigen Zeitpunkt nicht eingetreten. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.

Nichteintretensentscheide

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.