Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen dem 21. - 27. April 2025 publiziert wurden:
- Urteil vom 25. März 2025 (9C_602/2024): Direkte Bundessteuer und kantonale Steuern 2021 (Interkantonale Doppelbesteuerung); Wenn bereits ein Steuerhoheitsentscheid ergangen ist und dagegen nicht vorgegangen wird, besteht eine Pflicht des Steuerpflichtigen, mit der Steuerbehörde im entsprechenden Steuerverfahren zusammenzuarbeiten. Er kann nicht plötzlich, ohne wesentliche Änderung seiner Situation, die unbeschränkte Steuerpflicht im Kanton Tessin bestreiten. Abweisung der Beschwerde der steuerpflichtigen A. AG.
- Urteil vom 27. März 2025 (9C_710/2024): Mehrwertsteuer 2014-2017; Streitig ist, ob die beschwerdeführende A. AG die Steuernachfolgerin der B. AG ist. Die von der A. AG angebotenen Leistungen sind nahezu identisch mit denjenigen der B. AG. Weiter hat die A. AG sieben Mitarbeitende der B. AG und Teile des Referentenpools nahtlos übernommen. Zudem amtete dieselbe Person bei der A. AG und der B. AG als Verwaltungsratspräsident. Weiter übernahm sie das Logo und den Online-Aussenauftritt der B. AG. Angesichts dieser Umstände ist davon auszugehen, dass die A. AG einen in sich geschlossenen Teil des Vermögens bzw. des Geschäfts der B. AG übernommen hat und insoweit als Steuernachfolgerin zu betrachten ist. Abweisung der Beschwerde der A. AG in Bezug auf die Steuerperioden 2015 – 2017, und teilweise Gutheissung betreffend Steuerperiode 2014, da diese bereits verjährt ist.
- Urteil vom 31. März 2025 (9C_430/2024): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2022 (Luzern); Streitig ist, ob das Steueramt Luzern den Verein A. zu Recht nicht wegen Gemeinnützigkeit von der Steuerpflicht befreite. Gemäss den Feststellungen des Steueramtes Luzern erschöpft sich der gelebte und unmittelbare Zweck des Vereins A. in der Projektierung und Verwaltung der sog. Kantonsinitiative D. Es handelt sich hierbei um eine politische Tätigkeit. Wer Unterschriften für eine Volksinitiative sammelt, handelt nicht uneigennützig, sondern ist bestrebt, seinen eigenen politischen Ansichten zum Durchbruch zu helfen. Somit ist es nicht unrechtmässig, wenn überwiegend politisch tätige Organisationen, unabhängig von der Art der angestrebten politischen Ziele, steuerrechtlich nicht als gemeinnützig betrachtet und entsprechend nicht von der Steuerpflicht befreit werden. Abweisung der Beschwerde des steuerpflichtigen Vereins A.
- Urteil vom 1. April 2025 (9C_607/2022) – zur Publikation vorgesehen: Staats- und Gemeindesteuern 2014-2018 (Zürich); Bindungswirkung eines Steuerdomizilentscheids. Strittig war, ob ein in Rechtskraft erwachsener Steuerdomizilentscheid der Prüfung bzw. Bestreitung der Steuerpflicht im Rahmen des Veranlagungsverfahrens entgegensteht. Während die kantonalen Instanzen im Wesentlichen die Ansicht vertraten, die Frage des Steuerdomizils stelle angesichts des rechtskräftigen Steuerdomizilentscheids eine res iudicata dar, sprach sich das Bundesgericht in Abkehr seiner bisherigen Praxis im Ergebnis dafür aus, dass übergeordnete Instanzen und damit namentlich das Bundesgericht nicht an das Ergebnis eines Steuerdomizilentscheids gebunden sein könne. So handle sich beim Feststellungsentscheids des Steuerdomizils lediglich um einen Vor- oder Zwischenentscheid, der nicht in materielle Rechtskraft erwachse. Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen und Rückweisung an das Steueramt.
- Urteil vom 03. April 2025 (9C_380/2024): Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuern 2012 – 2017 (Genf); Streitig ist, ob die Vorinstanz zu Recht den Abzug von Risikorückstellungen sowie von „Kickbacks” verneint hat. Die Vorinstanz stellte fest, dass A. eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübte, die eine Konkurrenztätigkeit zu seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit darstellte. A. konnte nicht aufzeigen, dass ein unmittelbares und nahezu sicheres Risiko bestand, dass er in den betreffenden Steuerperioden seinen Arbeitgeber entschädigen muss. Eine rein hypothetische Zahlungsverpflichtung rechtfertigt keine Rückstellung. Was die „Kickbacks” betrifft, gab es keine Unterlagen, die es ermöglichten, die angeblich an die beiden Geschäftspartner D. und E. bezahlten Beträge zu qualifizieren und deren geschäftsmässige Begründetheit zu überprüfen. Abweisung der Beschwerde des steuerpflichtigen A.
- Urteil vom 8. April 2025 (9C_500/2024): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2017 – 2020 (Bern); Streitig ist, ob die Bussen wegen Verletzung von Verfahrenspflichten rechtmässig ergangen sind, da der Steuerpflichtige behauptet, dass er von der Steuerverwaltung nicht genügend gemahnt wurde. Die Mahnungen sind per A-Post Plus verschickt und zugestellt worden. Der Steuerpflichtige konnte nichts dagegen vorbringen, was eine ordnungsgemässe Zustellung widerlegte. Auch weitere prozessuale Rügen führen ins Leere. Abweisung der Beschwerde des steuerpflichtigen A.
- Urteil vom 4. April 2025 (9C_6/2025): Grundstückgewinnsteuer 2021 (St. Gallen); Streitig ist, ob eine steuerlich nicht als Aufwendung anerkannte Eigenprovision vorliegt. Der Beschwerdeführer A. ist einzelzeichnungsberechtigter, geschäftsführender Gesellschafter, und die Beschwerdeführerin B. Mitarbeiterin der von ihnen als Maklerin beauftragten C. GmbH. Angesichts der engen wirtschaftlichen und persönlichen Verflechtung sowie der Gleichlagerung der Interessen der Vertragsparteien kann die von A. und B. an die C. GmbH bezahlte Provision nicht als anrechenbare Aufwendung abgezogen werden, da es sich um eine Eigenprovision handelt. Abweisung der Beschwerde von A. und B.
- Urteil vom 8. April 2025 (9C_362/2024): Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuern 2014 (Genf); Streitig ist die Bestimmung des Liquidationsgewinns der Einzelfirma und in diesem Zusammenhang die Bewertung der Einzelfirma. Die Vorinstanz hat das Verhältnis zwischen A. sowie seinem Sohn und den Führungskräften der früheren Einzelfirma als nahestehend beurteilt und die Transaktion in Höhe von CHF 4.25 Mio. daher nicht als drittvergleichskonform eingestuft. Die von der Vorinstanz zur Bewertung herangezogene Praktikermethode ist nicht zu beanstanden. Abweisung der Beschwerde der steuerpflichtigen A. und B.
- Urteil vom 11. April 2025 (9C_199/2024) – zur Publikation vorgesehen: Grundstückgewinnsteuer (St. Gallen); Streitig ist der Erlös aus dem Verkauf eines Grundstücks. Das Bundesgericht hatte schon mehrmals zu beurteilen, wie sich der Erlös zusammensetzt, wenn eine Person ein Grundstück an eine Kapitalgesellschaft verkauft, an der sie beteiligt ist. Es erwog, dass nicht zu beanstanden ist, wenn ein Kanton als Erlös neben dem Kaufpreis auch die Wertsteigerung auf der Beteiligung erfasst, die sich ergibt, wenn der Kaufpreis unter dem Verkehrswert liegt (BGE 143 II 33 E. 3.2.5). In einem den Kanton Zürich betreffenden Fall hat es kürzlich erwogen, dass in der Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem Verkaufspreis eine zusätzliche Leistung zugunsten des Erblassers gesehen werden darf (vgl. Urteil vom 26. Oktober 2023 9C_335/2023 E. 3.7.1, siehe hierzu auch unseren Beitrag vom 26. November 2023). Bei verdeckten Kapitaleinlagen ist entsprechend nicht streng zivilrechtlich anzuknüpfen. Diese Betrachtungsweise empfiehlt sich aus steuersystematischen Gründen insbesondere für Kantone, die sich dem dualistischen System angeschlossen haben. Denn so können sie sicherstellen, dass über einen Wertzuwachs grundstückgewinnsteuerlich abgerechnet wird, soweit er mittels verdeckter Kapitaleinlage in Wertzuwachs auf Gesellschaftsanteilen umgewandelt und so - unter Vorbehalt einer späteren wirtschaftlichen Handänderung nach Art. 12 Abs. 2 lit. a StHG - dem Anwendungsbereich der Grundstückgewinnsteuer resp. jeglicher Besteuerung entzogen wird. Teilweise Gutheissung der Beschwerde des A., indem die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, damit diese erstens feststellt, zu welchem Grad A. an der B. AG beteiligt war, und zweitens entweder die Berechnung der Wertzunahme auf den Aktien an seinen Beteiligungsgrad anpasst oder wegen gemischter Schenkung von der Erhebung der Grundstückgewinnsteuer absieht.
Nichteintreten/Abschreibung:
Amtshilfe (Nichteintreten):
- 2C_183/2025 (Parteistellung im Amtshilfeverfahren)
Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.