Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in der Woche vom 6. - 12. November 2017 publiziert wurden.

  • Urteil vom 3. November 2017 (Endentscheid im Verfahren 2C_201/2016; noch nicht publiziert, vgl. noch Urteil vom 26. Oktober 2017 bzw. unseren Beitrag vom 5. November 2017): Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) darf im Rahmen von internationalen Amtshilfeverfahren in Steuersachen dem ersuchenden Staat Auskunft über den Stand des Verfahrens geben (Praxis der «status updates»). Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Frage noch aufgrund einer fehlenden gesetzlichen Grundlage verneint. Die im vorliegenden Fall an Spanien gelieferte Information, wonach «eine Beschwerde erhoben worden und das Verfahren vor den Gerichten des Bundes hängig sei» ist rechtskonform, so das Bundesgericht (vgl. dazu die Medienmitteilung des Bundesgerichts).
  • Urteil vom 4. Oktober 2017 (2C_377/2017): Kantonssteuer und direkte Bundessteuer 2011 (Wallis); gemäss Art. 589 Abs. 1 ZGB gehen die Schulden des Erblassers, die im Inventar verzeichnet sind, sowie die Vermögenswerte auf den Erben über, der die Erbschaft unter öffentlichem Inventar übernimmt. Dies gilt für öffentlich-rechtliche Forderungen nur insoweit, als das öffentliche Recht die Geltung dieser Bestimmung ausdrücklich vorbehält. Art. 165 Abs. 4 DBG sowie Art. 165 StG/VS statuieren, dass  Steuerforderung in öffentlichen Inventaren nicht angemeldet werden müssen. Dies ist sachgerecht, da das öffentliche Inventar dem Schutz vor Überraschungen dient und Steuerforderungen gegenüber dem Erblasser die Regel darstellen; die Anrufung des Vertrauensschutzes scheitert vorliegend, da den Erben klar sein musste, dass die Steuerbeträge für das Todesjahr des Erblassers noch gar nicht definitiv veranlagt worden sein konnten (vgl. Art. 162 Abs. 1 DBG bzw. Art. 162 Abs. 1 StG/VS) und die Steuerforderung 2011 darüber hinaus in das öffentliche Inventar mit dem Vermerk «provisorisch (pro rata)» aufgenommen worden ist; Abweisung der Beschwerden.
  • Urteil vom 4. Oktober 2017 (2C_1166/2016, 2C_1167/2016): Direkte Bundessteuer und Kantonssteuer 2013 (Freiburg); Liegenschaftsunterhaltskosten; vorliegend strittig war, ob Instandstellungs- bzw. Instandsetzungskosten im geschäftlichen Bereich von vornherein vom Abzug ausgeschlossen sind – jedenfalls dann, wenn der Buchwert der Liegenschaft zuvor im selben Umfang abgeschrieben worden war; in der Bundessteuergesetzgebung findet die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass Selbständigerwerbende oder juristische Personen über die Kosten für Anschaffung, Herstellung oder Wertvermehrung hinaus bestimmte Kosten für die Instandstellung von (abgeschriebenen) Grundstücken nicht abziehen können sollen, keine Grundlage. Eine Korrekturnorm, wonach Instandstellungskosten für (abgeschriebene) Geschäftsliegenschaften – unabhängig von einer Wertvermehrung – zu aktivieren wären, ist nicht vorhanden (vgl. Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG i.V.m. Art. 18 Abs. 3 DBG); Darüber hinaus drängt sich die Verknüpfung der Instandstellungskosten mit den Abschreibungen auch bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht auf; der Liegenschaftenkostenabzug bei Geschäftsliegenschaften kann einzig dann verweigert werden, wenn die Aufwendungen tatsächlich wertvermehrenden Charakter haben, womit analog zu Privatliegenschaften zu prüfen ist, ob Instandstellungskosten im Einzelfall werterhaltend oder wertvermehrend sind; da der Begriff der (Liegenschafts-) Unterhaltskosten im Geltungsbereich des StHG im kantonalen Recht nicht anders ausgelegt wird als auf dem Gebiet der direkten Bundessteuer, wird hinsichtlich der Kantonssteuer auf das vorstehend Gesagte verwiesen; Abweisung der Beschwerden; vgl. hierzu auch Daniel Dillier auf ludwigpartner.blog.
  • Urteil vom 20. Oktober 2017 (2C_309/2017): Hundesteuer; das Gemeinderecht von Vallorbe (VD) sieht vor, dass die Empfänger von Ergänzungsleistungen keine Hundesteuer bezahlen müssen. In Bezug auf Empfänger des «revenu d’insertion» (Eingliederungseinkommen) gilt keine Ausnahme. Da das Profil des Bezügers eines solchen Eingliederungseinkommens nicht wesentlich von demjenigen eines Bezügers von Ergänzungsleistungen abweicht, verletzt die Regelung der Gemeinde Vallorbe das Gebot der Gleichbehandlung.
  • Urteil vom 23. Oktober 2017 (2C_745/2015), amtliche Publikation vorgesehen: Zoll; aktiver Veredelungsverkehr; die Oberzolldirektion (OZD) erteilte einer im Kanton Aargau ansässigen Zollpflichtigen gesamthaft sieben Bewilligungen für die aktive Veredelung. Die Verfügungen erlaubten es der Zollpflichtigen bis zur Einfuhrfrist näher bezeichnete Waren (zumeist Fruchtsaftkonzentrate) in das Verfahren der aktiven Veredelung zu überführen. Zugleich ordnete die OZD die Ausfuhr der Waren innert zwölf Monaten ab Einfuhr der jeweiligen Waren (Ausfuhrfrist) und die Abrechnung mit einem bestimmten Formular («Aktive Veredelung im Nichterhebungs- oder Rückerstattungsverfahren - Abrechnungsantrag») innert 60 Tagen an (Abrechnungsfrist). In der Folge wurden entsprechende Ausfuhren fehlerhaft codiert. Einen Antrag auf Umcodierung lehnte die zuständige Zollkreisdirektion infolge Fristablauf ab. Eine hiergegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 29. Juni 2015 (A-201/2015) ab (vgl. unseren Beitrag vom 12. November 2017). Der ordnungsgemässe Abschluss des Verfahrens des aktiven Veredelungsverkehrs setzt nach Auffassung des Bundesgerichts den Nachweis voraus, dass die ins Zollgebiet verbrachten Waren innert der vorgeschriebenen Frist als Veredelungserzeugnisse wieder ausgeführt werden (Art. 168 Abs. 2 lit. b ZV). Wird das Verfahren nicht ordnungsgemäss abgeschlossen, hat die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) über die Einfuhrzollabgabe zu verfügen. Vorliegend hat die Zollpflichtige das Verfahren der aktiven Veredelung nicht ordnungsgemäss abgeschlossen und hat mit der Angabe des falschen Abfertigungscodes zum Ausdruck gebracht, dass die Ware im Rahmen des normalen Ausfuhrzollverfahrens ausführt werden soll (Erklärungsirrtum). Die Verbindlichkeit der angenommenen Zollanmeldung, kann jedoch bei einer blossen Falschanmeldung zu unverhältnismässigen Ergebnissen führen, weshalb der Gesetzgeber den zollrechtlichen Berichtigungstatbestand (Art. 34 ZG) geschaffen hat, der allerdings strenge zeitliche und inhaltliche Voraussetzungen verlangt. Die Wahrscheinlichkeit einer unzutreffenden Zollanmeldung ist beim aktiven und passiven Veredelungsverkehr aufgrund der Zweidimensionalität besonders hoch. Daher sieht der Gesetzgeber ein besonderes Gesuch vor (Art. 59 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 ZG), sofern es bei der aktiven Veredelung zu keinem ordnungsgemässen Abschluss des Verfahrens kommt, welches die Fälligkeit der Einfuhrzollabgaben zurückzudrängen vermag. «Tatbestandsbegründend ist der Nachweis, dass die zur Veredelung ins Zollinland gelangte Ware nach der Veredelung fristgerecht ausgeführt wurde.» (E. 3.3.4.). Art. 59 Abs. 4 ZG bildet nach Auffassung des Bundesgerichts gegenüber Art. 34 ZG eine lex specialis, da das Gesuch zum einen inhaltlich auf die Berichtigung bei nicht ordnungsgemäss abgeschlossenem Verfahren der aktiven Veredelung beschränkt ist und zum andern eine zeitliche Besonderheit darin besteht, dass gemäss dem Gesetzeswortlaut das «entsprechende Gesuch innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf der festgesetzten Frist» zu stellen ist. Welche Frist damit gemeint ist, lässt das Gesetz hingegen offen. Das Bundesgericht hält hierzu fest: «Wenn Art. 59 Abs. 4 Satz 2 ZG die 60-tägige Frist an den "Ablauf der festgesetzten Frist" knüpft, so bedeutet dies folglich, dass das Gesuch binnen 60 Tagen seit verstrichener Ausfuhrfrist zu stellen ist. Die Doktrin knüpft den Beginn des Fristenlaufs hingegen an die Abrechnungsfrist [...] oder an die tatsächliche Ausfuhr [...]. Diesen Auffassungen ist nach dem Gesagten nicht zu folgen, führt doch schon die grammatikalische Auslegung zu einem anderen Ergebnis.» Folglich wurde die Zollpflichtige mit ihrer Eingabe rechtzeitig tätig. Die OZD hätte damit auf das Gesuch eintreten und prüfen müssen, ob die veredelten Waren entsprechend dem Art. 59 Abs. 4 Satz 1 Teilsatz 2 ZG «nachweislich ausgeführt worden sind». Die Beschwerde ist begründet und wird gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts wird aufgehoben und die Sache zur materiellen Neubeurteilung an die EZV zurückgewiesen.
  • Urteil vom 25. Oktober 2017 (2C_854/2017): Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuer 2013 (Genf); die Vorgehensweise der Genfer Steuerbehörde bei der Berechnung des Eigenmietwertes ist bundesrechtskonform.
  • Urteil vom 16. Oktober 2017 (2C_90/2017, 2C_91/2017): Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuer 2008, 2010, 2011 (Wallis); Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen; Nichtberücksichtigung der gemäss Saldosteuersatzmethode geschuldeten Mehrwertsteuer im Rahmen der Ermessensveranlagung und entsprechende Korrektur durch die Steuerrekurskommission, welche vorliegend Gegenstand des Verfahrens ist. Das Bundesgericht hält fest: «Rechnet ein Steuerpflichtiger nach der Saldosteuersatzmethode ab, ist der Aufwand (und damit auch der Warenaufwand) stets höher, als wenn der gleiche Betrieb nach der effektiven Methode abrechnen würde. Der Grund dafür liegt darin, dass der effektiv abrechnende Betrieb den Aufwand netto, d.h. ohne Vorsteuer, verbucht. [...] Dies hat zur Folge, dass ein basierend auf dem verbuchten Warenaufwand geschätzter (Norm) Umsatz, welcher der branchenüblichen Bruttogewinnmarge entspricht, bei einem nach Saldosteuersatzmethode abrechnenden Betrieb höher ausfällt, als wenn dieser Betrieb nach der effektiven Methode abgerechnet hätte.» (E. 3.3). Die Korrektur der Schätzung duch die Steuerrekurskommission ist demzufolge nicht zu beanstanden und erweist sich sogar als geboten. Die hiergegen erhobene Beschwerde der Steuerverwaltung des Kantons Wallis ist unbegründet und die Beschwerde wird abgewiesen.
  • Urteil vom 26. Oktober 2017 (2C_168/2017): Direkte Bundessteuer 2011 (Schwyz); Transponierung; der Betrachtungsweise der Beschwerdeführerin, Art. 20a Abs. 1 lit. b DBG sei ergebnisorientiert aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen, ist das Bundesgericht vorliegend nicht gefolgt. Der Tatbestand von Art. 20a Abs. 1 lit. b DBG kann gemäss den Erwägungen des Bundesgerichts nur erfüllt sein, wenn der Veräusserer selbst mit der Veräusserung den Transponierungstatbestand herbeiführt. Massgeblich war in casu, ob eine Steuerumgehung im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vorliegt (Vorhandensein des «objektiven», «subjektiven» und «effektiven» Elements); das Bundesgericht bejahte in casu das objektive Element der Steuerumgehung, da das Darlehensverhältnis betreffend die Person des Rückzahlungsempfängers simuliert war und die gewählte Vorgehensweise insbesondere einem Drittvergleich nicht standhält (keine Sicherheiten und regelmässigen Zinszahlungen für das Darlehen); aufgrund der zeitnahen Übertragung der Darlehensforderung (innerhalb eines Jahres seit Veräusserung der Aktien), der fehlenden Sicherung, Verzinsung sowie Amortisation durch die Käufergesellschaft und Äusserungen der Schenkungsabsicht anlässlich einer Rulinganfrage bestand vorliegend die natürliche Vermutung, dass die Übertragung der Darlehensforderung bereits bei der Aktienveräusserung geplant war. Die gewählte Rechtsgestaltung wurde missbräuchlich lediglich deshalb getroffen, um Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet gewesen wären, womit das subjektive Element einer Steuerumgehung vorhanden war; zuletzt hätte die von den Beschwerdegegnern gewählte Vorgehensweise nach der Feststellung des Bundesgerichts zu einer erheblichen Steuerersparnis geführt, wenn sie von den Steuerbehörden hingenommen worden wäre (sog. effektives Element); Gutheissung der Beschwerde.

Nichteintretensentscheide / unzulässige Beschwerden:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.