Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Verwaltungsgerichts Zürich, die im November 2021 publiziert wurden.
- VGr ZH, 15. September 2021, SB.2021.00038: Steuerbarkeit eines Stipendiums des Schweizerischen Nationalfonds (Beschwerde am Bundesgericht hängig): Das Verwaltungsgericht qualifizierte das Stipendium des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) als steuerbares Einkommen im Sinne von Art. 16 Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1 StG-ZH. Die Qualifikation als Schenkung wurde mangels Schenkungswillen verneint (E. 6.3). Ebenso wurde das Vorliegen einer steuerfreien Unterstützungsleistung mangels Bedürftigkeit der empfangenden Person verneint (E. 6.4). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz wendete das Verwaltungsgericht Art. 37 DBG bzw. § 36 StG-ZH nicht an, da es sich beim Stipendium nicht um eine Kapitalabfindung für wiederkehrende Leistungen handelt. Es qualifizierte die Zahlungen des SNF als sogenannte nicht regelmässig fliessende Einkünfte, welche nach Art. 40 Abs. 3 DBG bzw. § 49 Abs. 3 StG-ZH der vollen Jahressteuer unterliegen aber für die Satzbestimmung nicht in ein Jahreseinkommen umgerechnet werden (E. 8). Gutheissung der Beschwerden des kantonalen Steueramts (SB.2021.00038/39) und Abweisung der Beschwerden der Pflichtigen (SB.2021.00083/84).
- VGr ZH, 25. August 2021, SB.2021.00015: Kommunale Steuerhoheit (dieser Entscheid ist rechtskräftig): Der 39-jährige, alleinstehende Beschwerdeführer ist seit 12 Jahren Mieter einer Loftwohnung nahe seines Arbeitsortes. Er beanspruchte die Steuerhoheit am Ort seines Elternhauses. Aufgrund seines Alters, seiner beruflichen Stellung und seiner Wohnsituation ist zu vermuten, dass der Beschwerdeführer seinen steuerrechtlichen Wohnsitz bei seiner Loftwohnung und nicht beim Haus seiner Eltern hat (E. 3.3). Den Gegenbeweis konnte der Beschwerdeführer nicht erbringen (E. 3.4). Abweisung der Beschwerde des Pflichtigen.
- VGr ZH, 19. August 2021, SB.2021.00029: Berechnung des Eigenmietwerts und des Vermögenssteuerwerts einer Liegenschaft (Beschwerde am Bundesgericht hängig): Der Pflichtige beruft sich auf frühere Einschätzungen, in welchen die von ihm verfochtenen Liegenschaftenwerte vom Steueramt übernommen wurden. Indessen kann die Steuerbehörde im Rahmen der Beurteilung der Einschätzung einer anderen Steuerperiode sowohl die tatsächliche als auch die rechtliche Ausgangslage abweichend würdigen (E. 3.2). Entgegen der Ansicht des Pflichtigen nahm das kantonale Steueramt keine ausserordentliche Neubewertung seiner Liegenschaft im Sinn von Ziff. 89 der Weisung 2009 vor (E. 4.4). Der Pflichtige rügt eine Ungleichbehandlung, da sein Tiefgaragenparkplatz mit Fr. 31'684.- und derjenige einer anderen Person lediglich mit Fr. 27'000.- bewertet worden sei. Erstmals vor Verwaltungsgericht bringt er vor, die Garagenplätze seien gleich gross. Aufgrund des Novenverbots ist dem Verwaltungsgericht die Überprüfung einer Ungleichbehandlung nicht möglich (E. 4.5.2). Im Hinblick auf eine zum Wohnhaus gehörige Scheune wandte das kantonale Steueramt für die Eigenmietwertberechnung einen reduzierten Faktor (1% statt 3,5%) an. Ein noch tieferer Satz von 0,7%, wie ihn der Pflichtige vertritt, findet keine Stütze in der Weisung (E. 4.7). Abweisung der Beschwerden des Pflichtigen, soweit darauf eingetreten wird.
- VGr ZH, 10. August 2021, SB.2021.00027: Abzug von Flug- und Zimmerkosten als Berufsauslagen (dieser Entscheid ist rechtskräftig): Der unselbständig erwerbstätige Pflichtige ist CEO und Mitglied des Verwaltungsrats einer in Dubai domizilierten Gesellschaft. Mit einer Schweizer AG steht er als Geschäftsführer und einziger Verwaltungsrat ebenfalls in einem Arbeitsverhältnis. Die Schweizer AG ist eine 100%-ige Tochtergesellschaft der Gesellschaft in Dubai. Der Pflichtige macht im Zusammenhang mit seinen Tätigkeiten Flugkosten nach Dubai und die Kosten für ein Zimmer in Dubai geltend. In der hier zu beurteilenden Steuerperiode wurde dem Pflichtigen wegen schlechten Geschäftsgangs von der Firma in Dubai kein Lohn ausbezahlt. Der Abzug von Gewinnungskosten setzt ein damit zusammenhängendes steuerbares Einkommen voraus. Demzufolge sind Berufskosten nur dann abzugsfähig, wenn ihnen in derselben Steuerperiode ein entsprechendes unselbständiges Erwerbseinkommen gegenübersteht. Vorliegend scheitert der Gewinnungskostenabzug an den fehlenden Einkünften des Pflichtigen von der Gesellschaft in Dubai (E. 4.6). Ein steuerbares Einkommen erzielte der Pflichtige aber aus seiner Tätigkeit für die Schweizer Tochtergesellschaft. Indessen substanziierte der Pflichtige die für die Schweizer AG ausgeübten Tätigkeiten in Dubai nicht näher. Zudem widerspräche die Überbindung dieser Berufskosten an den Pflichtigen Art. 327a Abs. 3 OR und dem Arbeitsvertrag, wonach Geschäftsspesen abgerechnet werden können (E. 4.7). Abweisung der Beschwerden des Pflichtigen, soweit darauf eingetreten wird.
- VGr ZH, 21. Juli 2021, SB.2021.00048: Aufschub der Grundstückgewinnsteuer infolge Ersatzbeschaffung (dieser Entscheid ist rechtskräftig): Umstritten ist, ob der Erwerb der Ersatzliegenschaft mehr als vier Jahre nach der Veräusserung der Wohnliegenschaft noch innert angemessener Frist erfolgt ist. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Gründe vermögen nicht zu belegen, dass es ihr innert der Unbedenklichkeitsfrist nicht möglich gewesen ist, eine Eigentumsübertragung vorzunehmen (E. 2.6). Abweisung der Beschwerde der Pflichtigen.
- VGr ZH, 7. Juli 2021, SB.2021.00045: Gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel (Beschwerde am Bundesgericht hängig): Die von den Steuerpflichtigen nach einer Haltedauer von rund 5 Jahren veräusserte Liegenschaft ist als Geschäftsvermögen zu qualifizieren. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung liegen zahlreiche Indizien vor, wonach von allem Anfang an ein zeitnaher gewinnträchtiger Verkauf angestrebt wurde, weshalb die Pflichtigen als gewerbsmässige Liegenschaftenhändler einzustufen sind (E. 4.1 ff.). Den Fremdfinanzierungsgrad von rund 75% erachtete das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung der Lage der Liegenschaft als hoch. Das Mehrfamilienhaus, welches sich in einer eher peripheren Region befindet, sei erfahrungsgemäss einem höheren Leerstandrisiko ausgesetzt, als eine Liegenschaft in einem Ballungszentrum. Somit ergebe sich bereits bei einer Fremdkapitalquote von rund 75% ein hohes Anlagerisiko, was für ein gewerbsmässiges Vorgehen spricht. In diesem Zusammenhang hielt das Verwaltungsgericht aber fest, dass die Aufnahme einer nicht objektgebundenen Hypothek auf einer anderen Liegenschaft rechnerisch dem Eigenkapital der Steuerpflichtigen zuzuweisen ist. Durch die Aufnahme der Hypothek sei lediglich ein bis dahin illiquider Vermögenswert in eine liquide Position umgeschichtet worden (E. 4.2.1). Abweisung der Beschwerde der Pflichtigen.
- VGr ZH, 15. September 2021, SB.2021.00061: Transponierung im Rahmen eines Management-Buyouts (Beschwerde am Bundesgericht hängig): Der Pflichtige verkaufte aus seinem privaten Aktienbestand 8.4% des Aktienkapitals an der X AG an seine von ihm zu 60% mehrheitlich beherrschte Holding gegen eine Darlehensforderung. Das Verwaltungsgericht erwog, es sei unbestritten, dass die objektiven Voraussetzungen der Transponierung gegeben seien. Die vom Steuerrekursgericht angewandte wirtschaftliche Betrachtungsweise lehnte es ab. Ebensowenig komme es auf die Beweggründe des Pflichtigen für die Einbringung der Aktien in die Holding an, noch sei entscheidend, ob tatsächlich Ausschüttungen vorgenommen worden seien. Da der Transponierungstatbestand keine bestimmte Haltefrist vorsehe, sei auch nicht von Belang, dass die Holding die Aktien nur für kurze Zeit gehalten habe. Gutheissung der Beschwerde des kantonalen Steueramts.
- VGr ZH, 28. September 2021, SB.2021.00082: Lebenspartnerabzug bei der Erbschaftssteuer (Beschwerde am Bundesgericht hängig): Der Pflichtige und die Erblasserin waren zum Zeitpunkt des Erbgangs in verschiedenen Wohngemeinden angemeldet und steuerpflichtig. Der Pflichtige hat eigenen Angaben zufolge stets über separate Wohnräumlichkeiten verfügt. Das Verwaltungsgericht erwog, der Steuerfreibetrag des Lebenspartners bei der Erbschaftssteuer setze grundsätzlich ein fünfjähriges Zusammenleben im gleichen Haushalt mit ungeteilter Wohngemeinschaft am gleichen Steuerdomizil voraus, während eine alternierende Wohngemeinschaft in zwei komplett ausgestatteten Wohnungen eine Abzugsberechtigung vorbehaltlich besonderer Umstände ausschliesse. Der Pflichtige habe nie für längere Zeit im dargelegten Sinn eine entsprechende Haushaltsgemeinschaft mit der Erblasserin gebildet, sondern habe stets auch über separate Wohnräumlichkeiten verfügt. Abweisung der Beschwerde des Pflichtigen.
- VGr ZH, 20. Oktober 2021, SR.2021.0001: Steuersicherung (noch nicht rechtskräftig): Das Verwaltungsgericht verneinte eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil die Sicherstellungsverfügung erst nach Arrestlegung zugestellt wurde. Ebenso verneinte es eine mangelhafte Begründung der Sicherstellungsverfügung. Es bejahte den umstrittenen Gefährdungstatbestand mit der grossen Differenz zwischen dem von den Pflichtigen deklariertem steuerbaren Vermögen und ihren Steuerschulden sowie der Tatsache, dass der Pflichtige durch die erhaltenen geldwerten Leistungen seine Einkommenssituation gegenüber den Veranlagungsbehörden systematisch und über mehrere Jahre verschleiert habe. Abweisung der Beschwerde der Pflichtigen, soweit darauf eingetreten wird.
- VGr ZH, 29. September 2021, SB.2020.00011/12 und SB.2020.00014/15: Verdeckte Gewinnausschüttung durch unterpreislichen Verkauf immaterieller Werte (dieser Entscheid ist rechtskräftig): [Die Aktien der Pflichtigen wurden im Juni 2011 von einem ausländischen Konzern übernommen. Gleichentags schloss die Pflichtige mit einer neu gegründeten Schweizer Schwestergesellschaft zwei Verträge ab, in denen sie sich zur Erbringung von allg. Dienstleistungen und Forschung und Entwicklung verpflichtete. Im September 2011 verkaufte die Pflichtige sämtliche "Intellectual Property Rights"[IPR] und "Non-Viral Contracts" an eine ausländische Schwestergesellschaft mit steuerlichem Sitz auf der Insel V. Die Preise entsprachen einer (undatierten) Transferpreisstudie, welche dem Steueramt im März 2013 eingereicht wurde. Schliesslich übertrug die Pflichtige im November 2011 rückwirkend das noch verbliebene Betriebsvermögen und die noch beschäftigten Mitarbeiter auf die Schweizer Schwestergesellschaft, wofür die Pflichtige eine Entschädigung leistete. Das kantonale Steueramt erachtete den Preis für die IPR und Kundenbeziehungen als nicht drittvergleichskonform und gelangte zum Schluss, es liege eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Die Gewinnaufrechnung erfolgte als Schätzung nach pflichtgemässem Ermessen.]
Das Verwaltungsgericht wies den von der Pflichtigen gestellte Antrag auf Einsetzung eines Gutachters zur Ermittlung der strittigen Verrechnungspreise mit Verweis auf das Novenverbot ab. In materieller Hinsicht erwog es, die grosse Diskrepanz der Werte gemäss der von der Pflichtigen eingereichten Transferpreisstudie zum Aktienkaufpreis und zum Ergebnis der Purchase Price Allocation (PPA) sei geeignet gewesen, die Richtigkeit der Transferpreisstudie in Zweifel zu ziehen. Es bestätigte die diesbezügliche Ermessensveranlagung. Hinsichtlich der weiteren, aufgerechneten verdeckten Gewinnausschüttung bezüglich Funktionsverlagerung und –rückstufung wies das Verwaltungsgericht die Sache an das Steuerrekursgericht zurück, um die Zulässigkeit der Ermessensveranlagung zu überprüfen. Teilweise Gutheissung der Beschwerden des kantonalen Steueramts und Rückweisung/Abweisung der Beschwerden der Pflichtigen.