Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesverwaltungsgerichts, die zwischen dem 16. - 23. Januar 2023 publiziert wurden:

  • Urteil vom 20. Dezember 2022 (A-4111/2021): Zölle und MWST (Nachforderung der Einfuhrabgaben); Ein unter niederländischer Flagge fahrendes Frachtschiff war vorübergehend in Basel stationiert und wurde nach Ansicht der Zollstelle dabei für Veranstaltungen wie Ausstellungen, Theatervorführungen etc. verwendet. Streitig war, ob die Beschwerdeführer Einfuhrabgaben zu entrichten hatten. In diesem Zusammenhang war relevant, ob das streitbetroffene Schiff als zollbefreites Rheinschiff gilt. Dazu setzt die prozessuale Formstrenge des im Zollrecht geltenden Selbstveranlagungsprinzips das Vorliegen der Rheinschifffahrtszugehörigkeitsurkunde (RZU) als förmliche Urkunde voraus, worüber das streitbetroffene Schiff 2017, zum Zeitpunkt der Einfuhr in die Schweiz, nicht verfügte. Eine Rückwirkung der von den niederländischen Behörden ausgestellten RZU mit Gültigkeit ab 30. Juli 2020 ergibt sich weder aus der Mannheimer Akte und deren Zusatzprotokolle noch aus den betreffendenUrkunden. Die Beschwerde des Abgabepflichtigen wird abgewiesen.
  • Urteil vom 22. November 2022 (A-1876/2021): Zoll; Nachforderung von Zollabgaben und Einfuhrsteuer; Die Beschwerdeführerin ist in den weiten Kreis der Zollschuldner einzubeziehen und zwar als (juristische) Person, welche die Einfuhr der Waren mit veranlasst hat (Auftraggeberin). Wenn die Ware im Zeitpunkt der Bestellung bereits in der Schweiz ist, wird durch die generelle Bereitschaft der betreffenden Person, diese Ware abzunehmen, deren Einfuhr durch sie mitveranlasst. Die Beschwerdeführerin gehört daher zum Kreis der Zollschuldner und haftet solidarisch. Das Bundesverwaltungsgericht hält fest, dass festgestellt wurde, wonach für die 1'329.45 kg erhaltenen Lebensmittel keine Abgaben erhoben wurden, womit die Beschwerdeführerin importierte und nicht verzollte Waren angenommen hat. Dass die Beschwerdeführerin vom Umstand, dass die Waren nicht verzollt waren, nichts gewusst haben will, ist unerheblich. Die Beschwerde wird abgewiesen.
  • Urteil vom 22. November 2022 (A-1875/2021): Zölle und MWST (Nachforderung der Einfuhrabgaben); Im Zeitraum von 2016 bis 2017 importierte eine Einzelfirma Käse und Metzgerei-Fleischwaren ohne Zollanmeldung und ohne Einfuhrsteuer aus Italien in die Schweiz. Beschwerdeführerin A Sàrl bestellte die italienischen Spezialitäten direkt bei der Einzelfirma und beglich deren Rechnungen ohne Zoll und Einfuhrsteuer. Streitig war die Abgabepflicht der A Sàrl. Wenn die Ware im Zeitpunkt der Bestellung bereits in der Schweiz ist, wird durch die generelle Bereitschaft der betreffenden Person, diese Ware abzunehmen, deren Einfuhr durch sie mitveranlasst. Diese weit gefasste Regelung über die Zollzahlungspflicht liegt im öffentlichen Interesse, die Einbringlichkeit der geschuldeten Zollabgaben zu garantieren. Der Rückgriff unter den Solidarschuldnern richtet sich nach dem Zivilrecht. Mit der Annahme von importierten und nicht verzollten Waren ist der Beschwerdeführerin ein unrechtmässiger Vorteil auf einer objektiven Widerhandlung gegen die Verwaltungsgesetzgebung entstanden. Abweisung der Beschwerde der Abgabepflichtigen.
  • Urteil vom 22. November 2022 (A-1872/2021): Zölle und MWST (Nachforderung der Einfuhrabgaben): Die Beschwerdeführerin A AG bestellte über die F Sàrl bei einer Schweizer Einzelfirma unverzollte Waren aus Italien, worauf die EZV die Bezahlung des Zolles und der Mehrwertsteuer inkl. Verzugszins verfügte. Die Beschwerdeführerin ist als Auftraggeberin, welche die Einfuhr der Waren veranlasst hat, zollpflichtig. Auch wenn die Ware im Zeitpunkt der Bestellung bereits in der Schweiz ist, wird durch die generelle Bereitschaft der betreffenden Person, diese Ware abzunehmen, deren Einfuhr durch sie mitveranlasst. Abweisung der Beschwerde der Abgabepflichtigen.
  • Urteil vom 14. Dezember 2022 (A-1074/2022): Erlass (Zoll, MWST); Erlass von Einfuhrabgaben nach Verfahrensversäumnissen der beauftragten Speditionsfirma. Dass laut der Abgabepflichtigen rund 90% der Sendungen von der beauftragten Speditionsfirma ordnungsgemäss verzollt wurden, vermag ihr nicht zum Vorteil gereichen. Denn das «Extrapolieren» der Deklaration bzw. der tatsächlichen Verzollung eines Teils einer Zollsendung auf weitere Zollsendungen vermag die bei jeder Einführung von Waren ins Zollgebiet einzuhaltenden gesetzlichen Sorgfaltspflichten bei der Zollanmeldung nicht zu erfüllen. Ein «gnadeweiser» Erlass bzw. eine «gnadeweise» Rückerstattung über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus kommt mit Blick auf die gesetzlich festgelegte, begrenzte Zahl der möglichen Erlass- bzw. Rückerstattungsgründe nicht in Betracht. Abweisung der Beschwerde.
  • Urteil vom 15. Dezember 2022 (A-3116/2022): Der Abgabepflichtige stellt betreffend die von ihm zu bezahlende Unternehmensabgabe die «gesetzliche Rechtmässigkeit dieser Steuer» nicht in Frage. Er sich vielmehr sinngemäss am aus seiner Sicht unbefriedigenden Programm derjenigen Medien, welchen die Unternehmensabgabe zugutekommt. Aus diesem Grund hält er die von ihm geforderte Unternehmensabgabe für unzulässig. Zur Frage der rechtlichen Grundlagen für die Berechnung der von der Vorinstanz verlangten Unternehmensabgabe, insbesondere zur früheren Kritik des Bundesverwaltungsgerichts an der zu groben Tarifstruktur gemäss aArt. 67b Abs. 2 RTVV äussert sich der Abgabepflichtigen demnach nicht. Gemäss der seit dem 1. Januar 2021 in Kraft stehenden Fassung sieht Art. 67b Abs. 2 RTVV nunmehr insgesamt 18 Tarifstufen vor. Diese neue Regelung trägt den früheren Empfehlungen des Bundesverwaltungsgerichts offensichtlich Rechnung. Deswegen und insbesondere mangels entsprechender Rügen des Abgabepflichtigen besteht vorliegend keine Veranlassung für eine (erneute) eingehende bundesverwaltungsgerichtliche Prüfung von Art. 67b Abs. 2 RTVV. Somit ist in casu die rechtliche Grundlage der Bemessung der Unternehmensabgabe (Tarifstruktur) als rechtmässig zu betrachten. Für die Pflicht zur Leistung der Unternehmensabgabe als eine Steuer bzw. für deren Höhe sind einzig die Mehrwertsteuerpflicht des betreffenden Unternehmens sowie die Höhe dessen Umsatzes in der im vorangegangenen Kalenderjahr abgeschlossenen Steuerperiode massgebend. Weitere gesetzliche Voraussetzungen für die obligatorische Unternehmensabgabe bestehen nicht. Abweisung der Beschwerde.
  • Urteil vom 27. Dezember 2022 (A-3906/2021): MWST (2015 - 2018): Der Beschwerdeführerin A AG wurde von B ein Baurecht mit Dauer bis zum 31. Dezember 2055 eingeräumt. Am 18. Juni 2015 vereinbarten A AG und B das Baurecht unwiderruflich zum 31. März 2017 zu beenden. Die Parteien einigten sich auf eine pauschale Rückkaufsentschädigung von CHF 6,3 Mio. inklusive MWST, welche die A AG am 1. Juli 2015 und am 14. Juli 2015 an B in Rechnung stellte. Auf beiden Teilrechnungen gab A AG ein Mehrwertsteuersatz von 8% an.  Am 11. Dezember 2015 liessen die Parteien von einem Notar beurkunden, dass die Grundstücksübertragung (Ablösung der Dienstbarkeit und Rückgabe der Bauten) durch einen von der Mehrwertsteuer ausgenommenen Verkauf erfolgt. Eine MWST-Revision ergab, dass die A AG die Rechnungen an B mit ausgewiesener Mehrwertsteuer ausgestellt hatte, ohne die entsprechenden Mehrwertsteuerbeträge in ihren Abrechnungen zu deklarieren. Dies führte zu einer entsprechenden Steuerkorrektur durch die ESTV. Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, mit Unterzeichnung des öffentlich beurkundeten Kaufvertrages vom 11. Dezember 2015 auf die Besteuerungsoption rückwirkend verzichtet zu haben. Das Vorbringen, die öffentliche Urkunde hätte die Rechnungen berichtigt, wird vom BVGer zurückzuweisen. Eine rückwirkende Aufhebung der Option wird durch die Rechtsprechung nicht gestützt. Auch kann die Beschwerdeführerin die Rechnungen nicht als 'unrichtigen Steuerausweis korrigieren, da sie zur Option, und somit zum Ausweis der 8% MWST auf den Rechnungen berechtigt war. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 22. Dezember 2022 (A-5139/2021): Nacherhebung Einfuhrabgaben; Der solidarisch verpflichtete Beschwerdeführer musste die illegalen Aktivitäten des Fleischlieferanten vorliegend vermuten und es konnte von ihm erwartet werden, dass er Vorsichtsmassnahmen trifft und vom Lieferanten den Nachweis der Zollabfertigungen verlangt; dies umso mehr, als er von der ausländischen Herkunft der Waren wusste und zumindest seine allgemeine Bereitschaft bekundet hatte, diese anzunehmen. Somit hat der Beschwerdeführer durch sein Handeln einen Dritten dazu gebracht, ihm Waren zu liefern, von denen er wusste oder zumindest annehmen musste, dass sie sich im Ausland befanden, bevor sie für die Lieferung eingeführt werden mussten. Damit erfüllt er die Voraussetzungen, um als Zollschuldner in Bezug auf die eingeführten Waren zu gelten. Im vorliegenden Fall trifft es zu, dass der Beschwerdeführer bei der bestellenden Firma angestellt ist und über keine im Handelsregister eingetragene Unterschriftsberechtigung verfügt. Er verfügte allerdings über die notwendigen und ausreichenden Befugnisse, um Wareneinfuhren für das Unternehmen zu veranlassen, und er konnte diese Entscheidungen unabhängig treffen. In diesem Sinne kann der Beschwerdeführer nicht als Angestellter der Gesellschaft angesehen werden, der lediglich die Befehle eines Organs oder eines anderen Angestellten ausgeführt hätte, dem er untergeordnet gewesen wäre. Ohnehin ist die zivilrechtliche Stellung des Beschwerdeführers nicht relevant. Aus zollrechtlicher Sicht ist entscheidend, dass der Beschwerdeführer die Einfuhr der Waren tatsächlich veranlasst hat. Für eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Abgabepflichtigen besteht dabei kein Raum. Abweisung der Beschwerde.

Entscheide im Bereich der Amtshilfe:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.