Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in der Woche vom 22. - 28. November 2021 publiziert wurden.

  • Urteil vom 10. November 2021 (2C_402/2021): Mehrwertsteuer 2011-2015; Ort der Dienstleistung; Streitig und zu prüfen war, ob die Beratungsleistungen, welche die Anwaltskanzlei an ihre Klienten, bei welchen es sich um Offshore-Gesellschaften handelte, erbrachte, im Ausland steuerbare Dienstleistungen sind. In der MWST-Branchen Info Nr. 14 hält die ESTV fest, dass die steuerliche Behandlung von Dienstleistungen an (ausländische) Offshore-Gesellschaften letztlich davon abhängt, wo sich das Domizil der Inhaber der Mehrheit der Beteiligungsrechte an solchen Gesellschaften (i.d.R. der wirtschaftlich Berechtigten) befindet. Gemäss Art. 68 Abs. 2 MWSTG sind Trägerinnen des Berufsgeheimnisses zur Vorlage der Bücher oder Aufzeichnungen verpflichtet, dürfen aber Namen und Adresse, nicht jedoch den Wohnsitz oder den Sitz der Klientinnen abdecken oder durch Codes ersetzen. Dies hat die A. AG jedoch getan. Somit hat das Bundesverwaltungsgericht zu Recht die steuerbaren erbrachten Leistungen in der Schweiz bestätigt, da es keine Anhaltspunkte gab, dass die Empfänger der Leistungen im Ausland ansässig waren. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 25. Oktober 2021 (2C_179/2021): Staats- und Gemeindesteuern, Direkte Bundessteuer 2011 (Freiburg); Veranlagungsverjährung; Das Recht des zuständigen Kantons, die direkte Bundessteuer zu veranlagen, verjährt fünf Jahre nach Ablauf der betreffenden Steuerperiode (Art. 120 Abs. 1 DBG; relative Verjährung); Sofern die Steuerbehörden nicht nachweisen können, dass die Verfügungseröffnung erfolgt ist (mangels Versand mittels eingeschriebener Post) so liegt nicht bloss ein formeller Mangel wie beispielsweise eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung vor, sondern sie hat gar nicht stattgefunden. In einem solchen Fall ist ausnahmsweise von der Nichtigkeit (im Gegensatz zur blossen Anfechtbarkeit) der Verfügung auszugehen. Letztere ist rechtlich inexistent und kann folglich auch keine Wirkung entfalten. Rechtsgenügliche andere Verjährungsunterbrechungshandlungen liegen sodann ebenfalls keine vor. Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 27. Oktober 2021 (2C_788/2021): Staats- und Gemeindesteuern 2017 (Aargau); Fristwiederherstellung; die Vorinstanz hat zu Recht entschieden, dass der Steuerpflichtige im vorliegenden Fall keine qualifizierten Gründe für eine Fristwiederherstellung geltend machen kann. Ausserdem erweist sich Art. 1 der Verordnung vom 20. März 2020 über den Stillstand der Fristen in Zivil- und Verwaltungsverfahren zur Aufrechterhaltung der Justiz im Zusammenhang mit dem Coronavirus (COVID-19; AS 2020 849) als nicht auf die betreffende Frist anwendbar. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 2. November 2021 (2C_738/2018) - zur Publikation vorgesehen: Aufenthaltsbewilligung, Kanzleigebühr; Gutheissung der Beschwerde des Abgabepflichtigen.
  • Urteil vom 12. November 2021 (2C_1035/2020): Direkte Bundessteuer, Kantons- und Gemeindesteuer 2014-2015 (Genf); A. ist Eigentümer einer Liegenschaft in Winterthur, die er an die durch ihn indirekt zu 48% gehaltene D. AG vermietet hat. Zudem war A. Verwaltungsrat der D. AG. Er verzichtete über Jahre hinweg jeweils nachträglich auf den vereinbarten und aufgelaufenen Mietzins. Der andere (indirekte) Mehrheitsaktionär der D. AG hatte seine Finanzierung der D. AG davon abhängig gemacht, dass die D. AG keinen Mietzins bezahlen musste. Streitig war, ob die Begleichung des Mietzinses als unsicher gelten musste, was im Lichte der Rechtsprechung zur Einkommensrealisation zur Konsequenz hätte, dass das Einkommen (Mietzins) nicht realisiert wäre. Die Überschuldung der D. AG hätte vorliegend nicht zu einer solchen Unsicherheit geführt, da sie stets durch ihre Gruppengesellschaften mit Liquidität ausgestattet wurde. Allerdings hatte es A. aufgrund der Mehrheitsverhältnisse und der Haltung des Mehrheitsaktionärs bzgl. Mietzinszahlung mit einem renitenten Schuldner zu tun. Entsprechend galt die Begleichung des Mietzinses als ungewiss. Das Einkommen wurde somit nicht realisiert. Die Behandlung des Forderungsverzichts auf Stufe Gesellschaft spielt sodann entgegen der Vorinstanz keine Rolle. Gutheissung der Beschwerde des Steuerpflichtigen und Rückweisung an die Vorinstanz.

Nichteintreten / Revision:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.