Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen dem 20. - 26. März 2023 publiziert wurden:
- Urteil vom 6. März 2023 (9C_693/2022): Staats- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer 2014 (Zürich); Die Vorinstanz ist zur Recht nicht auf die verspätete Beschwerde eingetreten, da der Fristenlauf mit der Zustellung resp. der Zustellfiktion beginnt; nicht mit der Kenntnisnahme. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen, soweit darauf eingetreten wird.
- Urteil vom 23. Februar 2023 (9C_677/2021) - zur Publikation vorgesehen: Staats- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer 2018 (Freiburg); Streitig ist, ob denkmalpflegerische Arbeiten angefallen und diese folglich vollständig vom Einkommen abzugsfähig sind. Gemäss BGer ist entscheidend, dass die aufgewendeten Kosten gemäss den Feststellungen der Vorinstanz durch Renovierung der Liegenschaft verursacht wurden und diese Renovierung insgesamt nicht der Restauration oder der Instandstellung und damit nicht dem Zweck des Denkmalschutzes diente. Die Kosten sind somit nicht unter dem Titel von Art. 32 Abs. 3 DBG abzugsfähig. Zu prüfen bleibt, ob diese nach Art. 32 Abs. 2 DBG abzugsfähig sind. Die Vorinstanz hat den Abzug in einer ersten Begründungslinie ausgeschlossen, weil die Beschwerdeführer keinen Ertrag deklarierten. In einer zweiten Begründungslinie stützt sich die Vorinstanz auf die bundesgerichtliche Praxis, wonach bei einem wirtschaftlichen Neubau die damit verbundenen Kosten einkommenssteuerlich gesamthaft nicht absetzbar sind. Gemäss den Materialien ging es dem Gesetzgeber bei der Änderung von Art. 32 Abs. 2 DBG darum, die wirtschaftliche Betrachtungsweise, auf der die Dumont-Praxis basiert hatte zugunsten einer objektiv-technischen Betrachtungsweise zurückzudrängen. Eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung eines Totalsanierungs-, Renovierungs- oder Umbauprojekts auf einer neu erworbenen Liegenschaft, aufgrund derer der einkommenssteuerliche Kostenabzug schematisch komplett und damit auch für Kostenbestandteile verweigert wird, die bei individueller Betrachtung aufgrund ihrer objektiv-technischen Natur eigentlich werterhaltender Natur wären, ist also weder mit dem Wortlaut noch mit der Entstehungsgeschichte von Art. 32 Abs. 2 DBG vereinbar. Teilweise Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen und Rückweisung zur Neubeurteilung an die Vorinstanz.
- Urteil vom 20. Februar 2023 (9C_645/2022): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2017 und 2018 (Tessin); Vorliegend strittig sind die Abzüge für die Benützung der Privatfahrzeuge der beiden Beschwerdeführer. Diese machen im Wesentlichen geltend, dass sie für den Arbeitswege auf das Privatfahrzeug angewiesen sind. Dies aufgrund (i) einer hohen Zeitersparnis (Beschwerdeführer I) und (ii) um die schulpflichtigen Kinder auf dem Arbeitsweg in ihre jeweiligen Schulen zu fahren (Beschwerdeführer II). Betreffend die Zeitersparnis wurde festgestellt, dass diese unter einer Stunde pro Arbeitstag betrage und daher die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel zugemutet werden könne. Die Vereinbarkeit des Arbeitsweges mit dem Fahren der Kinder in die Schule (ii) ist vorliegend unbeachtlich, handelt es sich doch um persönliche/familiäre Notwendigkeiten, welche steuerlich nicht von Belang sind. Auch der Verweis auf das Gleichstellungsgesetz verfing nicht, regelt dieses doch keine steuerlichen Fragestellungen. Auch sei die Wahl des Wohnortes frei und die daraus erwachsenden Konsequenzen hätten nichts mit der Gleichstellung zu tun. Abweisung der Beschwerde.
- Urteil vom 22. Februar 2023 (9C_630/2022): Staats- und Gemeindesteuern 2016 (Basel-Stadt); Neubewertung; Die Rügen des Steuerpflichtigen bezüglich Gehörsverletzung in Zusammenhang mit der verlangten Akteneinsicht sind offensichtlich unbegründet. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
- Urteil vom 27. Februar 2023 (9C_621/2022): Staats- und Gemeindesteuern 2013 (Aargau); Streitig ist, ob eine geldwerte Leistung der A.A. AG angenommen werden kann. Ihre Aktionärsverhältnisse sind dieselben wie bei der B.A. AG (im Parallelverfahren: A.A. AG) Die Beschwerdeführerin A.A. AG (im Parallelverfahren: B.A. AG) hat im im August 2013 eine Liegenschaft für CHF 2.5 Mio. an die M. AG verkauft. Diese verkaufte die Liegenschaft CHF 4.3 Mio. weiter. G. war im Zeitpunkt der Verwaltungsratssitzung, an welcher über dieses Geschäft beraten wurde, Inhaber einer Forderung ggü. der M. AG. Gemäss der Vorinstanz habe der unterpreisliche Verkauf an die M. AG dazu geführt, dass die Forderung von G. wieder werthaltig wurde. G. war aber nicht Aktionär. Eine Aufrechnung wegen verdeckter Gewinnausschüttung kann nur erfolgen, wenn G. als nahestehende Person zu betrachten ist. Die Vorinstanz ging fälschlicherweise dieser Frage nicht nach, weil sie der Ansicht war, dass es für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung bereits genüge, wenn der Leistungsempfänger alleine der Gesellschaft nahestehe. Im Parallelverfahren (9C_623/2022) betreffend die B.A. AG ist die Vorinstanz zum Schluss gekommen, dass diese Gesellschaft eine Darlehensforderung gegen die M. AG unter Wert an G. verkauft habe, weswegen die Vorinstanz bei der B.A. AG aufgerechnet hat. Dabei hat die Vorinstanz unterstellt, dass die Sanierung der M. AG über den unterpreislichen Verkauf der Liegenschaft durch die Beschwerdeführerin von langer Hand geplant gewesen sei. Wie die Vorinstanz selbst festhält, müssen die Geschehnisse, die dem vorliegenden und dem Parallelverfahren 9C_623/2022 zugrunde liegen, gesamthaft betrachtet werden. Bei einer solchen Gesamtbetrachtung lassen sich die Standpunkte, welche die Vorinstanz in den beiden Verfahren eingenommen hat, nicht miteinander vereinbaren. Der Standpunkt der Vorinstanz im vorliegenden Verfahren, wonach der Verkauf der Liegenschaft gerade dazu gedient habe, die von G. aufgekaufte Forderung wieder werthaltig zu machen, erscheint zwar plausibler als die eben dargestellte Würdigung im Parallelverfahren betreffend die B.A. AG. Mit der erforderlichen Gewissheit steht für das BGer allerdings lediglich fest, dass G. im Zusammenhang mit der Rückzahlung der von ihm erworbenen Forderung eine geldwerte Leistung im Umfang jedenfalls nicht zwei Mal, sondern höchstens entweder von der Beschwerdeführerin oder von der B.A. AG zugeflossen ist. Die Vorinstanz hielt auch fest, dass auch andere Verwaltungsratsmitglieder haben erkennen müssen, dass mit der unterpreislichen Übertragung der Liegenschaft an die M. AG indirekt eine geldwerte Leistung an G. ausgerichtet würde. Die meisten Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung sind gegeben. Die Vorinstanz hat jedoch zu Unrecht nicht festgestellt, ob G. als Empfänger der geldwerten Leistung einer Beteiligungsinhaberin nahestand und in welchem Umfang der unterpreisliche Verkauf ihm zugutekam. Zudem steht ihre Würdigung betreffend die Werthaltigkeit der Forderung von G. gegen die M. AG im Widerspruch zur Position, welche die Vorinstanz im Parallelverfahren 9C_623/2022 eingenommen hat. Teilweise Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen und Rückweisung zur Neubeurteilung an die Vorinstanz.
- Urteil vom 27. Februar 2023 (9C_623/2022): Staats- und Gemeindesteuern 2012 (Aargau); Die steuerpflichtige Gesellschaft rügt, dass die Vorinstanz den Sachverhalt in verschiedener Weise offensichtlich unrichtig festgestellt hat. Zusammengefasst hat diese festgestellt, dass G. und H. (im Parallelverfahren: F.) faktische Organe der Steuerpflichtigen A.A. AG (im Parallelverfahren: B.A. AG) gewesen seien und diese sich das Wissen dieser beiden Personen zurechnen lassen müsse. Die Steuerpflichtige habe Kenntnis der Sanierungsbedürftigkeit der M. AG gehabt. Nichtsdestotrotz habe sie ihre Forderung gegen die M. AG weder abgeschrieben noch wertberichtigt. Weiter habe sie beim Verkauf der Forderung auf eine gleichwertige Gegenleistung verzichtet. Zuzustimmen ist der Beschwerdeführerin damit, die Vorinstanz setze sich in Widerspruch zu ihrer Würdigung desselben Sachverhalts im Parallelverfahren (9C_621/2022). Dort stellte sie sich auf den Standpunkt, der Verkauf der Liegenschaft durch die B.A. AG habe gerade dazu gedient, die von G. aufgekaufte Forderung wieder werthaltig zu machen. Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen und Rückweisung zur Neubeurteilung an die Vorinstanz.
- Urteil vom 1. März 2023 (9C_702/2022): Staats- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer 2017 (Solothurn); Die Beschwerde erweist sich in Bezug auf die behaupteten Verletzungen verschiedener Verfassungs- und EMRK-Normen als offensichtlich unbegründet. Dasselbe gilt für die Frage, inwiefern die Vorinstanz die Revisionsbestimmungen rechtswidrig angewendet haben soll und die Ausstandsgründe der Steuerrevisorin. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
- Urteil vom 6.März 2023 (9C_688/2022): Kantons- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer (Genf); Ausstand; die Beschwerde der Steuerpflichtigen ist offensichtlich unbegründet.
- Urteil vom 7. März 2023 (9C_649/2022): Grundstückgewinnsteuer (Thurgau); Der Beschwerdeführer A veräusserte seine Liegenschaft an die C AG, welche diese wiederum gleichentags zu einem massiv höheren Wert an die D AG weiterveräusserte. Da keine Beziehung zwischen A und der C AG festgestellt werden konnte, wurde A für die Grundstückgewinnsteuer auf dem von ihm effektiv erzielten Verkaufserlös besteuert. Nach erfolgter Grundstückgewinnsteuerveranlagung stellte das Steueramt fest, dass die von A beherrschte E GmbH eine Immobilie der C AG in einem anderen Kanton unterpreislich erwerben konnte. Die Differenz zum Verkehrswert entsprach in etwa dem tieferen Veräusserungserlös der Immobilie von A, welche er an die C AG veräussert hatte. Daraufhin eröffnete das Steueramt ein Nachsteuerverfahren gegen A. Der Beschwerdeführer wendete gegen dieses Nachsteuerverfahren ein, dass der Weiterverkauf der Immobile von der C AG an die D AG den Steuerbehörden bekannt war und es sich deshalb nicht um eine neue Tatsache handelt, die ein Nachsteuerverfahren rechtfertige. Das Bundesgericht folgte dieser Argumentation nicht, liege doch die neue Tatsache vielmehr darin, dass es nach Abschluss der Grundstückgewinnsteuerveranlagung ein Gegengeschäft gab, welches den effektiven Verkaufserlös der Immobilie von A an die C AG wirtschaftlich erhöhte. Abweisung der Beschwerde.
Nichteintretens- und Abschreibungsentscheide:
Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.