Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in der Woche vom 4. - 10. März 2019 publiziert wurden.

  • Urteil vom 15. Februar 2019 (2C_851/2018); amtliche Publikation vorgesehen: § 224a und § 279 StG/ZH in der Fassung vom 23. Oktober 2017 (Anrechnung von operativen Verlusten an Grundstückgewinne); abstrakte Normenkontrolle; die im Kanton Zürich neu eingeführte Regelung zur Anrechnung innerkantonaler Betriebsverluste begünstigt die Gleichstellung innerkantonaler und interkantonaler Unternehmungen und ist der Rechtsgleichheit somit förderlich. Eine Verfassungswidrigkeit der Regelung ist somit zu verneinen.
  • Urteil vom 18. Februar 2019 (2C_435/2017): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2006-2010 (Solothurn); Art. 130 Abs. 2 Satz 1 DBG schreibt entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer keine bestimmte Methodik vor, wie die Erhebung der Einkünfte nach pflichtgemässem Ermessen zu erfolgen hat. «Allein aus dem Umstand, dass das KStA/SO nicht von den Umsätzen ausging und davon den geschäftsmässig begründeten Aufwand abzog, kann nicht gefolgert werden, die Herangehensweise müsse zwangsläufig bundesrechtswidrig sein. Entscheidend ist von Bundesrechts wegen vielmehr, dass die Veranlagungsbehörde eine Methode wählt, die der individuell-konkreten Sachlage gerecht wird und insgesamt zu einem möglichst realitätsnahen Ergebnis führt. Die gemischte Methode, die einerseits auf einer Vermögensrechnung und anderseits auf dem mutmasslichen Privataufwand beruht, bildet direktsteuerlich eine verlässliche und weit verbreitete Methode (siehe nur Urteile 2C_57/2019 vom 1. Februar 2019; 2C_290/2018 vom 25. Juni 2018; 2C_183/2017 vom 6. März 2017)» (E. 2.2.4). Die Steuerpflichtigen übersehen, «dass es - anders als im Fall der ordentlichen Veranlagungsverfügung - nicht Sache des Bundesgerichts sein kann, eine detaillierte inhaltliche Prüfung einer Schätzung vorzunehmen. Eine solche beruht zwangsläufig auf verschiedenen methodischen und arithmetischen Schritten. Das Bundesgericht greift nur bei groben konzeptionellen (hinsichtlich der Bewertungsmethode) oder rechnerischen Fehlern (bezüglich der eigentlichen Bewertung) ein» (E. 2.3.1). Da aber eine Veranlagung nach pflichtgemässen Ermessen den wahren Gegebenheiten möglichst entsprechen soll, wäre es Sache der Veranlagungsbehörde gewesen, von Amtes wegen die AHV-Beiträge zu schätzen und bilanzberichtigend zurückzustellen (Urteil 2A.63/1998 vom 12. Mai 1999 E. 5, in: NStP 54/2000 S. 57). Diesbezüglich verhält es sich ähnlich wie bei der Rückstellung laufender Steuern juristischer Personen (BGE 141 II 83 E. 5.5 S. 89 f.) (2.3.2). Letzten Endes erweist sich die Beschwerde insoweit als begründet, als die Veranlagungsbehörde keine Rückstellung für AHV-Beiträge vornahm. In diesem Umfang ist sie gutzuheissen, im Übrigen wird die Beschwerde der Beschwerdeführer abgewiesen.
  • Urteil vom 20. Februar 2019 (2C_833/2016): Mehrwertsteuer (MWST) 2008 - 2012; Kostenprämie / Führungsprovision Mitversicherung); das neue Mehrwertsteuerrecht unterscheidet zwischen einer Festsetzungs- und Bezugsverjährung. Demnach verjährt das Recht, eine Steuerforderung festzusetzen, fünf Jahre nach Ablauf der Steuerperiode, in der die Steuerforderung entstanden ist (Art. 42 Abs. 1 MWSTG). Im Verfahren vor dem Bundesgericht ist hinsichtlich der Steuerperioden 2010 bis 2012 daher die Verjährung eingetreten und das angefochtene Urteil ist diesbezüglich aufzuheben. In diesem Umfang wird die Beschwerde gutgeheissen (E. 2.2). Betreffend die Steuerperioden 2008 und 2009 ist strittig, ob die rechnerisch auf die Mitversicherer entfallenden Teile der Kostenprämien in den vorliegend zur Diskussion stehenden Mitversicherungsverhältnissen als Teil der Versicherungsprämie von der Steuer ausgenommen ist oder ob sie als steuerbare Entschädigung von Leistungen der Beschwerdeführerin als führender Versicherer an die Mitversicherer zu qualifizieren ist. Vorliegend ist von den zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen auszugehen, wonach die Beschwerdeführerin zugunsten der Mitversicherer administrative Leistungen erbracht hat, und wonach sie für diese Leistungserbringung durch Überlassung der Kostenprämie entschädigt wurde (E. 4). «Die Vorinstanz hat erwogen, die in Art. 18 aMWSTG aufgeführten Steuerausnahmen - unter Vorbehalt einer abweichenden gesetzlichen Regelung - würden nur für diejenigen Leistungen gelten, welche direkt an die Endverbraucher erbracht werden; Geschäfte, welche der Steuerbefreiung vorausgehen, sog. Vorumsätze, seien dagegen nicht unecht steuerbefreit. Der Gesetzgeber habe mit Art. 21 Abs. 3 und 4 MWSTG diesbezüglich einen Systemwechsel eingeführt und damit der auf der Vorumsatztheorie basierenden Praxis die weitere Anwendung versagt. Nach Art. 21 Abs. 4 MWSTG bestimme sich die Frage, ob eine Leistung von der Steuer ausgenommen ist, ausschliesslich nach deren Gehalt und unabhängig davon, wer die Leistung erbringt oder empfängt. Diesen Ausführungen ist vollumfänglich zuzustimmen» (E. 5.2.1). Auf die Steuerjahre 2008 und 2009 ist das Mehrwertsteuergesetz von 1999 anwendbar. Aufgrund der unter diesem Gesetz geltenden Vorumsatztheorie können die den Mitversicherern zuzuordnenden Umsätze nicht als von der Steuer ausgenommen qualifiziert werden, da sie nicht direkt dem Endverbraucher erbrachte Leistungen betreffen (E. 5.3.1). Das vorinstanzliche Urteil ist diesbezüglich nicht zu beanstanden und die Beschwerde ist betreffend die Steuerjahre 2008 und 2009 abzuweisen.
  • Urteil vom 25. Februar 2019 (2C_32/2019): Tax professionnelle commercial des Kantons Genf; das Abstellen auf die Konzessionsgebühr (anstelle der Miete) erweist sich nicht als willkürlich und ist damit bundesrechtskonform; Abweisung der Beschwerde der Beschwerdeführerin.
  • Nachtrag - Urteil vom 10. Dezember (2C_607/2017): Direkte Bundessteuer 2003-2004 und Staats- und Gemeindesteuern 2003-2007 (Genf); die in der Lehre umstrittene und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung offengelassene Frage (vgl. zuletzt Urteil vom 14. September 2016 [2C_472/2015], E. 3.3.3.2) nach der Haftung der Mitglieder des VR und der Liquidatoren für solidarische Steuerschulden bei einer faktischen Liquidation einer Gesellschaft hat das Bundesgericht im vorliegenden Urteil erstmals bejaht. X. erwarb am 25. März 2004 von A. alle Aktien der B. AG und wurde am 30. März 2004 als einziger Verwaltungsrat im Handelsregister eingetragen; bevor X. am 20. Oktober 2004 die Aktien wieder an A. verkaufte und als Verwaltungsrat zurücktrat, hatte die B. AG in knapp sieben Monaten 13 ihrer 15 Liegenschaften verkauft; am 4. November 2009 ordnete das Verwaltungsgericht des Kantons Genf die Auflösung und die Liquidation der B. AG an (wobei das Konkursverfahren im November 2009 mangels Aktiven eingestellt und die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht wurde); die Steuerverwaltung des Kantons Genf erklärte X. für die Steuern der B. AG bis zum Betrag des Liquidationsergebnisses für solidarisch haftbar; das Verwaltungsgericht des Kantons Genf hiess die hiergegen erhobene Beschwerde des X. in erster Instanz noch gut, allerdings hob der Cour de Justice des Kantons Genf das vorinstanzliche Urteil auf und wies die Sache zur Festsetzung des Liquidationserlöses an die Steuerverwaltung zurück; gegen die alsdann erfolgte Festsetzung des Liquidationserlöses durch die Steuerverwaltung hat X. Beschwerde bis vor das Bundesgericht erhoben; das Bundesgericht beurteilt die solidarische Haftung des X. für die direkten Bundessteuern 2003 und 2004 der B. AG gestützt auf Art. 55 Abs. 1 DBG; da X. bei der formellen Liquidation der B. AG nicht (mehr) Verwaltungsrat, Aktionär oder Liquidator war, prüft das Bundesgericht die Haftung aufgrund einer bloss faktischen Liquidation; das Bundesgericht hält fest, dass die Haftung nach Art. 55 Abs. 1 DBG auch bei einer faktischen Liquidation greife, wie dies in der Rechtsprechung zur Verrechnungssteuer nach Art. 15 Abs. 1 VStG bereits anerkannt werde (E. 5 ff.); X. habe die B. AG faktisch liquidiert, indem er im Jahr 2004 in weniger als sieben Monaten fast das gesamte Anlagevermögen der B. AG veräussert und ihr damit die wirtschaftliche Substanz entzogen habe; weiter führt das Bundesgericht aus, dass in Art. 55 Abs. 1 DBG, im Gegensatz zu Art. 15 Abs. 2 VStG, keine zeitliche Beschränkung der Haftung vorgesehen sei und die Haftung demnach auch für Steuern vor Eintritt des Haftenden in die Gesellschaft bestehe; hingegen bestehe mangels klarer gesetzlicher Grundlage keine Haftung für Steuern, die erst nach dem Ausscheiden des Haftenden aus der Gesellschaft entstehen würden; X. sei somit nur haftbar für Steuerschulden, die während seinem Wirken als faktischer Liquidator bis am 20. Oktober 2004 entstanden seien; In diesem und weiteren Punkten seien weitere Abklärungen nötig, insbesondere müsse die Höhe des Liquidationsergebnisses beruhend auf der letzten Bilanz vor dem Ausscheiden von X. und damit der Bilanz von 2003 festgesetzt werden; (teilweise) Gutheissung der Beschwerde und Rückweisung.

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.