Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in der Woche vom 12. - 18. November 2018 publiziert wurden.

  • Urteil vom 30. Oktober 2018 (2C_543/2018): Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Zürich 2005-2009 (Nachsteuern), Direkte Bundessteuer 2005-2009 (Nachsteuern) bzw. 2010-2015 (ordentliche Steuern), Wiedererwägung der Sicherstellungsverfügung; Anlass zur Sicherstellung des Steuerbetrags geben gemäss Art. 169 Abs. 1 DBG zwei Fallkonstellationen: Zum einen die gefährdete Zahlung der geschuldeten Steuer und ferner der fehlende Wohnsitz der steuerpflichtigen Person in der Schweiz (allgemeiner Sicherstellungsgrund); zum anderen die fehlende Kompetenz der internationalen Vollstreckung einer öffentlich-rechtlichen Forderung seitens der Eidgenossenschaft, eines Kantons oder einer Gemeinde (besonderer Sicherstellungsgrund) (E. 2). Die gebotene Raschheit des abgaberechtlichen Sicherstellungsverfahrens wirkt sich insofern auf das Beweismass aus, als die rechtserheblichen Sachumstände lediglich glaubhaft gemacht werden müssen. Wird vor Bundesgericht eine vorsorgliche Massnahme wie die Sicherstellung im Sinne von Art. 169 DBG angefochten, kann das Bundesgericht ausschliesslich die Verletzung verfassungsmässiger Rechte prüfen (Art. 98 BGG). Im Ergebnis führt dies auch auf Ebene des Bundesgerichts zu einer Prüfung prima facie (E. 2.2). Die Vorinstanz argumentiert, es wäre Sache der Steuerpflichtigen, ihren physischen Aufenthalt in der Schweiz detailliert zu behaupten und soweit möglich zu belegen. Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in der Schweiz werde zwar behauptet, aber nicht konkretisiert, zumal der Steuerpflichtige auch schon an diversen gesellschaftlichen Anlässen in der Schweiz teilgenommen habe, als er noch Wohnsitz in Grossbritannien hatte. Insgesamt sei es den Steuerpflichtigen deshalb nicht gelungen, den Wohnsitzwechsel aus Grossbritannien in die Schweiz glaubhaft zu machen. Die vorinstanzliche Schlussfolgerung ist bei der Prima-facie-Prüfung, die das Bundesgericht hinsichtlich des glaubhaft zu machenden Tatbestandes anstellt, nicht zu beanstanden (E. 4.1). Die Beschwerde bezüglich der Wiedererwägung der Sicherstellungsverfügungen erweist sich als unbegründet (E 4.3 und 5). Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen soweit darauf eingetreten wird.
  • Urteil vom 30. Oktober 2018 (2C_891/2018): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2015 (Graubünden); für die Steuerperiode 2015 deklarierten die Steuerpflichtigen für ihr bebautes Grundstück im Ausland einen Eigenmietwert von CHF 4'564 und effektive Unterhaltskosten von CHF 30'425, sodass ein Gewinnungskostenüberschuss von CHF 25'861 eintrat. Einen etwaigen Auslandsverlust, gehe dieser auf einen grundstückbezogenen Schuldzinsenüberschuss (excédent d'intêrets passifs; BGE 140 II 141 E. 4 S. 147) oder einen auf einem Grundstück entstehenden Gewinnungskostenüberschuss zurück (excédent de charges; BGE 140 II 157 E. 7.6.2 S. 165), hat die Schweiz bei der Ermittlung des steuerbaren Einkommens nicht zu übernehmen; beachtlich ist er ausschliesslich bei der Ermittlung des Steuersatzes (Art. 6 Abs. 3 Satz 3 DBG; Urteil 2C_404/2017 vom 10. Mai 2017 E. 3.2). Abweisung der Beschwerde des Beschwerdeführers.
  • Urteil vom 26. Oktober 2018 (2C_250/2018): Direkte Bundessteuer und Kantons und Gemeindesteuer 2004 - 2006 (Neuenburg); Einsprache gegen die Veranlagungsverfügung um zwei Jahre verspätet. Die Annahme der Steuerbehörde und der Vorinstanz, dass die Zustellung der Veranlagungsverfügung erfolgt ist, ist nicht willkürrlich, denn es ergeben sich aus den Akten genügend zeichen, dass dies der Fall ist. Abweisung der Beschwerde der Beschwerdeführer soweit darauf eingetreten wird.
  • Urteil vom 29. Oktober 2018 (2C_710/2017): Direkte Bundessteuer und Kantons und Gemeindesteuer 2007 - 2009 (Wallis); ein Einkommen, in casu Darlehenszinsen, ist realisiert, sobald ein durchsetztbarer Anspruch darauf besteht bzw. solange die Zahlung nicht als unsicher erscheint. Vorliegend war der Borger nicht als unzuverlässiger Gläubiger zu qualifizieren, da es keine Zeichen gab, dass er die Zinsen nicht zahlen wollte oder konnte. Gutheissung der Beschwerde der kantonalen Steuerverwaltung.
  • Urteil vom 2. November 2018 (2C_355/2017): Mehrwertsteuer (MWST); Erstattung der auf Radio- und Fernsehgebühren erhobenen MWST; Antrag verschiedener Fernseh- und Radioempfänger auf Rückersattung der RTV-Gebühr für die Zeitspanne zwischen dem 1.6.2005 und dem 1.6.2015. Nach dem Bundesgerichtsentscheid vom 13. April 2015 (BGE 141 II 182), welcher festhält, das die RTV-Gebühr nicht der MWST unterstellt ist, hätte das Bakom die Rückerstattung der zu Unrecht ausgewiesenen MWST über die letzten fünf Jahre zurückverlangen können, indem es sich auf Art. 27 Abs. 2 MWSTG hätte berufen können. Deswegen ist die Klage des UVEK abzuweisen, sofern sie sich auf die Zeitspanne zwischen dem 2010 und 2015 bezieht. Für diese Jahre können die Beschwerdegegner die Rückersattung der zu Unrecht erhobenen MWST verlangen.
  • Urteil vom 29. Oktober 2018 (2C_695/2017): Amtshilfe (DBA Schweiz - Deutschland); Amtshilfe (DBA Schweiz – Deutschland); das Bundesgericht hatte die Rechtsfrage zu klären, ob ein Amtshilfeersuchen, welches ausser der Kontonummer keine weiteren Angaben zum Kontoinhaber – insbesondere weder Name noch Adresse –  enthält, den abkommensrechtlichen Anforderungen an die Identifikation der betroffenen Person gerecht wird. Die Antwort auf diese Frage ergibt sich nicht aus BGE 143 II 136 E. 5.3.2. Ausserdem wird dem Bundesgericht erstmals die Frage vorgelegt, ob die Schweiz als ersuchter Staat auf ein Bündel von Einzelersuchen einzutreten hat, in denen der ersuchende Staat die von der Amtshilfe betroffenen Personen jeweils nur durch eine Kontonummer bezeichnet. Aus dem Amtshilfeersuchen wird ersichtlich, dass das Bundeszentralamt für Steuern der Bundesrepublik Deutschland (BZSt) die verlangten Informationen primär in einem Steuerstrafverfahren zu verwenden beabsichtigt und ausser der Kontonummer und der Höhe des angelegten Vermögens keine weiteren Kenntnisse besitzt. Zudem stellt sich die Grundsatzfrage des Vorliegens einer «fishing expedition» und ob es sich bei einem solchen «gebündelten» Amtshilfeersuchen um ein Gruppenersuchen oder um ein Einzelersuchen handelt (E. 1.3.1). Das Bundesgericht gelangt zum Schluss, dass es sich bei der vorliegend zu beurteilenden Listenanfrage des BZSt nicht um ein Gruppenersuchen, sondern um ein Einzelersuchen handelt, bei welchem die Identifikation nicht durch den Namen, sondern durch Angabe der Kontonummer erfolgt. Es liegt kein Gruppenersuchen vor, wenn eine bestimmte Anzahl von Personen anhand von Kontonummern identifiziert wird, zumal diese Personen einzeln durch die jeweilige Kontonummer identifizierbar sind. Die Tatsache, dass eine Kontonummer unter Umständen mehr als einer Person zugeordnet werden kann, ändert daran nichts. Im Gegensatz zu einem definierten Verhaltensmuster stellt eine Kontonummer ein stärker identifizierendes Merkmal dar (E. 4.4 f.). Allerdings ist dieses Einzelersuchen als Teil einer Listenanfrage zu betrachten, bei welcher eine Anzahl von Personen in den Blick genommen wird, von welchen nur wenige Angaben – hier im Wesentlichen die Kontonummern – bekannt sind (E. 4.5). Somit ist das Erfordernis der Identifizierung durch den ersuchenden Staat erfüllt und das Ersuchen enthält alle abkommensrechtlich verlangten Angaben (E. 4.5.2). Erfolgt ein Einzelersuchen ohne Namensangabe (wie hier) im Rahmen einer Listenanfrage bzw. ist es als Teil einer Listenanfrage zu betrachten, erscheint der Unterschied zu einem Gruppenersuchen geringfügig. Aus Gründen der Kohärenz sind deshalb für die Klärung der Frage einer unzulässigen Beweisausforschung die Kriterien heranzuziehen, welche das Bundesgericht im Zusammenhang mit Gruppenersuchen entwickelt hat. Entgegen der Auffassung der ESTV verlangt die Rechtsprechung den Nachweis von Tatsachen, die auf ein gesetzeswidriges Verhalten der Gruppenangehörigen hindeuten (E. 5.2). Diesen Nachweis hat das BZSt erbracht und ein unzulässige Beweisausforschung ist zu verneinen (E. 5.3.1). Die Beschwerde des Steuerpflichtigen wird abgewiesen.
  • Urteil vom 6. November 2018 (2C_924/2018): Direkte Bundessteuer und Kantons und Gemeindesteuer 2012 - 2014 (Genf); die Vorinstanz hat das geltende Recht, insbesondere Art. 113 Abs. 3 und 133 Abs. 3 DBG und die einschlägige Rechtsprechung dazu, korrekt angewandt. Sie stellte ordnungsgemäss fest, dass die Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen habe, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, die Steuererklärungen für die Steuerperioden 2012 bis 2014 rechtzeitig einzureichen oder einen Stellvertreter zu diesem Zweck zu benennen. Daraus folgt, dass die Vorinstanz ohne Verletzung des Bundesrechts entschieden hat, dass die Frist für die Einreichung nicht wiederhergestellt werden kann (E. 5.1). Die Vorinstanz hat auch Art. 147 Abs. 1 DBG sowie Art. 147 Abs. 2 DBG korrekt ausgelegt, wonach eine Revision ausgeschlossen ist, wenn sich der Steuerpflichtige auf Gründe beruft, die er bereits im ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können, wenn er alle ihm zumutbare Sorgfalt angewandt hätte (E. 6.1). Im Urteil 2A.248/2003 vom 8. August 2003 zu den Art. 133 und 140 DBG erinnert das Bundesgericht daran, dass das DBG die Berechnung von Fristen umfassend regelt, so dass eine abweichende kantonale Regelung unzulässig ist. Art. 41 Abs. 3 des Genfer Steuergesetzes vom 4. Oktober 2001 hat denselben Inhalt wie Art. 133 Abs. 3 DBG, so dass dieselben Erwägungen, die zur Zurückweisung der Beschwerde im Bereich der direkten Bundessteuer führen, auch für die Kantons- und Gemeindesteuern gelten (E. 8.1). Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

Nichteintretensentscheide / unzulässige Beschwerden:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.