Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in der Woche vom 10. - 16. April 2017 publiziert wurden.

  • Urteil vom 17. März 2017 (2C_768/2015), amtliche Publikation vorgesehen: Wasserverbrauchssteuer (Waadt); Veranlagungsjahr 2013; der Eigentümer eines Innenschwimmbads rekurrierte gegen eine Steuerveranlagung der Gemeinde Blonay bzgl. seines Wasserverbrauchs und unterlag vor dem Kantonsgericht Waadt mit Entscheid vom 10. Juli 2015; mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten rügte der Beschwerdeführer die Verletzung der gesetzlichen Grundlage, das Äquivalenzprinzip, das Kostendeckungsprinzip und das Gleichbehandlungsgebot; die Vorinstanz bzw. die Veranlagungsbehörde stützten sich dabei auf ein kommunales Reglement und auf ein kantonales Gesetz bzgl. der Vergabe von Wasser (E. 3.2 und 3.3); das Bundesgericht qualifiziert die Wasserverbrauchssteuer aufgrund des Lenkungscharakters als Lenkungsabgabe (E. 4.3 und 4.4); bereits unter der Rüge der Verletzung der gesetzlichen Grundlage wird die Beschwerde gutgeheissen, da ein Verstoss gegen die Delegationsgrundsätze und somit gegen Art. 127 Abs. 1 BV vorliegt , indem das delegierende Gesetz auf welches sich der Gegenstand der Steuer bezieht (Gründzüge der Regelung) zu allgemein gehalten ist (E. 6.1 i.V.m. E. 6.2).
  • Urteil vom 27. März 2017 (2C_300/2017): Direkte Bundessteuer und Staatssteuern 2013 (St. Gallen); Gesuch um Wiederherstellung der versäumten Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses; Beschwerde wegen offensichtlicher Unbegründetheit abgewiesen.
  • Urteil vom 23. Februar 2017 (2C_388/2016, 2C_389/2016): Direkte Bundessteuer und Staatssteuer 2012 (Appenzell Ausserrhoden); Liquidationsgewinn; Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit (Restaurant und Hotelbetrieb); fehlender rechtsgenügender Nachweis an den Fortbestand der Hypothekarschuld bzw. den Pfandausfall; die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil der Vorinstanz wird aufgehoben und der Einspracheentscheid der Steuerverwaltung des Kantons Appenzell Ausserrhoden bestätigt; Rückweisung an die Vorinstanz zur Neufestlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen.
  • Urteil vom 21. März 2017 (2C_835/2016): Aufhebung der Steuerbefreiung eines Vereins (Thurgau); Befreiung von der subjektiven Steuerpflicht betreffend juristische Personen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke verfolgen (Art. 56 lit. g Satz 1 DBG; Definition der Begriffe „Gemeinnützigkeit“ und „Uneigennützigkeit (altruistisches Handeln)“; Entzug der gewährten Steuerbefreiung mangels gemeinnütziger Tätigkeit und insbesondere wegen eines ungenügenden Allgemeininteresses (E. 3); Mittelverwendung an zu eng begrenzten Destinatärskreis von Institutionen derselben religiösen Zugehörigkeit (E. 3.3.1 i.V.m. 2.2.4); fehlender Nachweis der Mittelverwendung der weitergeleiteten Mittel an andere Institutionen (E. 3.3.2).
  • Urteil vom 3. April 2017 (2C_325/2017): Amtshilfe (DBA Schweiz-Spanien); fraglich war u.a. die Rechtswidrigkeit der Herkunft der Daten, auf die sich das spanische Amtshilfegesuch stützt; die Vermutung von Treu und Glauben in Bezug auf das Gesuch der spanischen Behörden konnte nicht wiederlegt werden; keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung; Beschwerde als unzulässig abgewiesen.
  • Urteil vom 9. Dezember 2016 (2C_1076/2015): Mehrwertsteuer (Bezugsteuer auf Laboratoriumsleistungen); Steuerperioden 2011-2013; in Zusammenhang mit dem Bezug ausländischer Laboratoriumsleistungen eines in der Schweiz ansässigen Unternehmens im Bereich der humanmedizinischen Diagnostik stellte sich der nachfolgende Fragenkomplex: Sofern der Ort der Dienstleistung in Zusammenhang mit den Laboratoriumsleistungen im Ausland liegt, entfällt die objektive Bezugsteuerpflicht in der Schweiz (Erbringerortprinzip; Art. 8 Abs. 2 MWSTG), während die Steuerpflicht in der Schweiz dann ausgelöst wird, wenn der Ort der Dienstleistung im Inland liegt (Empfängerortprinzip; Art. 8 Abs. 1 MWSTG). Befindet sich der Ort im Inland, fragt sich in einem zweiten Schritt, ob die Laboratoriumsleistungen überhaupt unter die steuerbaren Leistungen fallen oder von der Steuer ausgenommen sind (E. 2.2.3). Die ESTV vertrat die Auffassung, dass die Voraussetzungen der Bezugsteuer vorliegen, da gemäss Ziff. 9.2 der MWST-Branchen-Info 21 (Gesundheitswesen) nur Leistungen solcher Institutionen von der Besteuerung ausgenommen sind, die über eine kantonale Bewilligung zum Betrieb eines medizinischen Laboratoriums verfügten. Weil die im Ausland ansässigen Laboratorien keine kantonale Bewilligung vorweisen können, fehle es an einer von der Steuer ausgenommenen Heilbehandlung. Der Ort der Leistung richtet sich nach dem Empfängerortprinzip, was die Bezugsteuer auslöst. Das Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerde der Steuerpflichtigen mit Urteil vom 22. Oktober 2015 (A-3112/2015) gut und wies die Sache zur erneuten Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die ESTV zurück. Das Bundesverwaltungsgericht kam im Wesentlichen zum Schluss, dass ein ausländisches Zentrum für Diagnostik zwar nicht wie von der ESTV angenommen, einer kantonalen Bewilligung bedarf, um unter Art. 21 Abs. 2 Ziff. 2 MWSTG zu fallen, es hält aber fest, dass die Tätigkeit des ausländischen Laboratoriums zu kassenpflichtigen Leistungen i.S.d. Krankenversicherungsgesetzgebung führen muss, um als steuerausgenommen gelten zu können. Das Bundesgericht heisst die gegen diesen Zwischenentscheid erhobene Beschwerde der ESTV gut. Betreffend den Ort der Dienstleistungen stellte das Bundesgericht zunächst fest, das Heilbehandlungen grundsätzlich unter das Erbringerortprinzip fallen. Der Begriff der Heilbehandlung verlangt jedoch, dass die Behandlung "direkt am Patienten" ausgeübt wird, was auf medizinische Laboratorien nicht zutreffe und kommt gestützt auf eine grammatikalische Auslegung des Art. 8 Abs. 2 lit. a MWSTG zum Schluss, dass Laboratoriumsleistungen nach der Art, wie sie vorliegend durchgeführt wurden, unter Art. 8 Abs. 1 MWSTG (Empfängerortprinzip) zu subsumieren sind. Auch wenn in Art. 8 Abs. 2 lit. a MWSTG insgesamt von den Heilbehandlungen gesprochen wird, können nur jene Heilbehandlungen gemeint sein, die auch "typischerweise unmittelbar gegenüber der physisch anwesenden natürlichen Person erbracht werden" (E. 3.6.). Auf die Diagnosen eines humanmedizinischen Laboratoriums trifft dies nach Auffassung des Bundesgerichts selbst dann nicht zu, wenn es direkt einer Praxis oder dem Spital angegliedert ist, da es auch dann am massgebenden Element der Ausübung "direkt am Patienten" fehlt. Leistungen eines Laboratoriums sind demzufolge vom Erbringerortprinzip ausgenommen und verbleiben im Anwendungsbereich des Empfängerortprinzips, weshalb Laboratoriumsleistungen, die vom Ausland ins Inland erbracht werden, der Bezugsteuer zugänglich sind. Nachdem das Bundesgericht den Ort der streitbetroffenen Leistungen im Inland verortet hat, stellte es sich die Frage, ob die Laboratoriumsleistungen überhaupt unter die steuerbaren Leistungen fallen (Art. 45 Abs. 1 lit. a MWSTG) oder als von der Steuer ausgenommene Leistungen im Sinne des Art. 21 Abs. 2 Ziff. 2 MWSTG qualifizieren und setzte sich in der Folge mit dem mehrwertsteuerrechtlichen Begriff der Heilbehandlung auseinander. Hierbei erachtet das Bundesgericht – wie auch bereits die Vorinstanz – das Erfordernis einer kantonalen Berufsausübungs- und/oder Betriebsbewilligung als taugliches Kriterium um festzustellen, ob eine mehrwertsteuerrechtlich relevante Heilbehandlung vorliegt. Es hält sodann aber – entgegen dem Bundesverwaltungsgericht – fest, dass dieses Bewilligungskriterium auch für ausländische Laboratorien zutreffe und folglich nicht zwischen inländischen und ausländischen Laboratorien zu differenzieren ist, sondern vielmehr zwischen solchen mit und solchen ohne kantonaler Berufsausübungs- und/oder Betriebsbewilligung. Die kantonale Bewilligung zum Betrieb einer ambulanten ärztlichen Institution stellt ein qualitatives Merkmal dar, das eine vernünftige Abgrenzung gestattet, gesundheitsrechtlich allgemein anerkannt ist, krankenversicherungsrechtlich eine Rolle spielt und im mehrwertsteuerlichen Verfahren verhältnismässig einfach überprüft werden kann, was in einem Massenverfahren nicht unterschätzt werden dürfe (E. 4.5). Den streitbetroffenen ausländischen Laboratorien wurde keine kantonale Betriebsbewilligung erteilt weshalb deren Leistungen nach der vom Bundesgericht vertretenen Auffassung nicht unter Art. 21 Abs. 2 Ziff. 2 MWSTG fallen und in der Schweiz steuerbare Leistungen darstellen. Da mangels Vorliegen einer Heilbehandlung, die typischerweise unmittelbar gegenüber physisch anwesenden natürlichen Personen erbracht wird, das Erbringerortprinzip (Art. 8 Abs. 2 lit. a MWSTG) entfällt, bleibt es schlussendlich beim Empfängerortprinzip (Art. 8 Abs. 1 MWSTG), womit die aus dem Ausland erbrachten Laboratoriumsleistungen der Bezugsteuer unterliegen. Die Beschwerde der ESTV wird gutgeheissen und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2015 (A-3112/2015) wird aufgehoben.
  • Urteil vom 12. Januar 2017 (2C_519/2015), amtliche Publikation vorgesehen: § 27ter Abs. 5 des Steuergesetzes des Kantons Basel-Landschaft (StG/BL); Eigenmietwert. Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft hat am 26. März 2015 verschiedene Änderungen des Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern (StG/BL) beschlossen, welche am 1. Januar 2016 in Kraft getreten sind. Dabei wurden die Umrechnungssätze zur formelmässigen Ermittlung der Eigenmietwerte neu festgelegt (§ 27ter Abs. 5 StG/BL). A. und der Mieterverband Baselland und Dorneck-Thierstein erhoben gegen diese Änderungen am 24. Juni 2015 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und verlangten die Aufhebung der geplanten Änderungen. Das Bundesgericht prüfte die geplanten Änderungen im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle auf deren Verfassungskonformität; das Bundesgericht ruft in Erinnerung, dass der Eigenmietwert gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung in jedem einzelnen Fall die als verfassungsrechtlich betrachtete Untergrenze von 60% der Marktmiete für das fragliche Wohnobjekt nicht unterschreiten darf, um eine Gleichbehandlung von Wohneigentümern und Mietern zu gewährleisten (E. 3.4 mit Verweis auf BGE 124 I 145 E. 6). Die im Kanton Basel- Landschaft vorgenommene Senkung der Umrechnungswerte anhand des Brandlagerwertes führt voraussichtlich in einer Vielzahl von Fällen zu einem verfassungswidrigen Eigenmietwert von weniger als 60% (E. 4.1, E. 4.3 i.V.m. E. 4.5.1); selbst der in § 27ter Abs. 6 StG/BL von Amtes wegen zu berücksichtigende Korrekturmechanismus, wonach eine Erhöhung des Eigenmietwertes auf mindestens 60% vorzunehmen ist, wenn der im Einzelfall formelmässig ermittelte Wert tiefer liegt, greift nur in zufälligen Konstellationen (E. 4.5.3). Das Bundesgericht stellt fest, dass sich die angefochtene Bestimmung (§ 27ter Abs. 5 StG) einer verfassungskonformen Auslegung entzieht und heisst die Beschwerde gut. Zum vorliegenden Entscheid hat das Bundesgericht am 12. Januar 2017 eine Medienmitteilung veröffentlicht.

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.