Das Bundesgericht heisst in seinem zur amtlichen Publikation vorgesehenen Entscheid (2C_411/2016; 2C_412/2016; 2C_413/2016; 2C_414/2016; 2C_415/2016; 2C_416/2016; 2C_417/2016; 2C_418/2016) vom 13. Februar 2017 die Beschwerden der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) gut und hebt die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. April 2016 auf. Im Gegensatz zum Bundesverwaltungsgericht gelangte das Bundesgericht zum Schluss, dass Informationen über das Steuerregime, die Steuerfaktoren, die in der Schweiz angewandten Steuersätze und die Höhe der Steuer sowie die Erfolgsrechnungen voraussichtlich erheblich und daher im Rahmen der Amtshilfe an Frankreich zu übermitteln sind, um die Gewinnverteilung zwischen verbundenen Gesellschaften bei veränderter Verrechnungspreispolitik feststellen zu können.

Die Direction Générale des Finances Publiques von Frankreich (DGFP) gelangte am 18. Dezember 2013 amtshilfeweise gestützt auf Art. 28 des Abkommens zwischen der Schweiz und Frankreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Vermeidung von Steuerbetrug und Steuerflucht (DBA CH-FR) an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV), um über die betreffenden Gesellschaften A. GmbH, B. GmbH, C. GmbH und D. GmbH, welche von einer gemeinsamen Holding gehalten werden, Informationen u.a. bezüglich deren Bilanzen, Erfolgsrechnungen, Steuersätze und Höhe der Gesellschaftssteuern für die Steuerperiode 2010 und 2011 zu erhalten.

Nach der Darstellung der DGFP sind die Tätigkeiten der Holding im Jahr 2009 reorganisiert worden. Danach kauft die französische Zweigniederlassung der schweizerischen Gesellschaft C. GmbH Rohstoffe bei Drittgesellschaften sowie Verpackungen für die französischen Fabriken und verkauft sie danach der schweizerischen Gesellschaft D. GmbH weiter. Dabei vermittelt die schweizerische Gesellschaft A. GmbH die Rohstoffe von Drittlieferanten. Die französische Zweigniederlassung der schweizerischen Gesellschaft B. GmbH versicherte die Support- und Marketingleistungen für die Gesellschaft D. GmbH und für die französischen Gesellschaften der Holding. Die DGFP hält weiter fest, dass der Wechsel bei der Verrechnungspreispolitik zu einer Änderung der Aufteilung des Gewinns innerhalb der Gruppe geführt habe. Nach französischem Recht müssen Transaktionen zwischen Unternehmen derselben Gruppe zu den gleichen Bedingungen realisiert werden, wie wenn sie zwischen unabhängigen Unternehmen getätigt worden wären. Bei länderübergreifenden Transaktionen von Gesellschaften der gleichen Gruppe sei es zudem notwendig, Informationen über diese Gesellschaften und die Gewinnverteilung zu erhalten. Diese Informationen seien für die DGFP unabdingbar, um die Drittvergleichskonformität der Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen feststellen und dadurch die Höhe der Gewinne bestimmen zu können, die aus den Tätigkeiten in Frankreich stammten (um darauf gestützt die in Frankreich geschuldeten Steuern festsetzen zu können).  

Mit Schlussverfügung vom 15. Oktober 2014 kam die ESTV zum Schluss, es sei Amtshilfe zu leisten. Die dagegen erhobenen Beschwerden der Gesellschaften A. GmbH, B. GmBH, C. GmbH und D. GmbH hiess das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 19. April 2017 teilweise gut.

Die ESTV macht beschwerdeweise vor dem Bundesgericht geltend, dass das Bundesverwaltungsgericht ohne nähere Begründung ausgeführt habe, die strittigen Informationen würden den Zweck des Ersuchens der DGFP nicht erfüllen können. Es seien aber diverse Unterlagen eingereicht worden, welche den Zusammenhang zwischen den erfragten Informationen und der geltend gemachten Steuerangelegenheit (Überprüfung der Gewinnverteilung aufgrund konzerninterner Änderung der Verrechnungspreispolitik anlässlich der Umstrukturierung im Jahr 2009) erfüllen (E. 2.2). Die Gesellschaften A. GmbH, B. GmbH, C. GmbH und D. GmbH halten dem entgegen, dass die ersuchten Informationen nicht voraussichtlich erheblich seien, es handle sich vielmehr um das Sammeln allgemeiner Informationen über die Gesellschaften. Im Weiteren sind Transferpreisdokumentationen zur Verfügung gestellt worden. Entsprechend würde eine Übermittlung der Informationen sowohl gegen die Grundsätze der Amtshilfe in Steuersachen wie auch gegen das Prinzip des Schutzes der Privatsphäre nach Art. 13 BV und Art. 8 EMRK und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit gemäss Art. 5 Abs. 2 BV verstossen (E. 2.3).    

Das Bundesgericht stellt bei der Eintretensprüfung fest, dass es noch keine Gelegenheit hatte, den Begriff der voraussichtlichen Erheblichkeit im Bereich des Konzernrechts zu klären, weshalb eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt (E. 1.4).

Das Bundesgericht rezitiert seine Rechtsprechung bzgl. dem Erfordernis der voraussichtlichen Erheblichkeit (3.3.1) und hält fest, dass die Voraussetzung erfüllt ist, wenn im Zeitpunkt der Gesuchstellung eine vernünftige Möglichkeit besteht, dass sich die angefragten Angaben als erheblich erweisen werden, weshalb die voraussichtliche Erheblichkeit eine nicht sehr hohe Hürde für ein Amtshilfeersuchen bildet (E. 3.3.2).

Ein Amtshilfeersuchen kann von einem Vertragsstaat auch gestellt werden, um von Drittpersonen Auskünfte über Vertragsbeziehungen zu einer bestimmten Person zu verlangen. So können Informationen wesentlich sein, die zur Überprüfung des zwischen Konzerngesellschaften vereinbarten Verrechnungspreises, oder der zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Leistungsbeziehungen notwendig sind (3.3.3), zu diesem Schluss führen auch die von der OECD erstellten Verrechnungspreisleitlinien, welche als Interpretationshilfen dienen (E. 4.1).

Das Bundesgericht geht mit der ESTV einig, wonach sich Informationen über die Gewinne der einzelnen Konzerngesellschaften als relevant erweisen können, um Gewinnverschiebungen innerhalb des Konzerns zu überprüfen, die sich wiederum auf die Transferpreispolitik des Konzerns auswirken können. Es lässt sich damit nicht sagen, es sei wenig wahrscheinlich, dass ein Zusammenhang zwischen diesen Informationen und der geltend gemachten Steuerangelegenheit auszumachen sei. Vielmehr erweisen sich diese Informationen zur Prüfung der Verrechnungspreise als voraussichtlich erheblich. Demnach sind die Bilanzen, aber auch die Angaben betreffend die Betriebsstätten und deren Gewinnausscheidung, wie von der Vorinstanz dargelegt, der DGFP zu übermitteln (E. 4.2), was umso mehr für die Erfolgsrechnung gilt (E. 4.3).    

Das Bundesgericht gelangt zum Schluss, dass über die Bilanzen und Betriebsstättengewinnausscheidungen hinaus, die voraussichtliche Erheblichkeit der Informationen über das Steuerregime, die Steuerfaktoren, die in der Schweiz angewandten Steuersätze und die Höhe der Steuer sowie die Erfolgsrechnungen ebenfalls vorliegt und daher nicht an den Ausführungen der Vorinstanz festgehalten werden kann (E. 4.4 und 4.6).

Letztlich bejahte das Bundesgericht die Frage der materiellen Betroffenheit der Gesellschaften (E. 5 ff.) und heisst die Beschwerden der ESTV weitestgehend gut (E. 7).