Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in den Wochen vom 10. - 23. August 2020 publiziert wurden.

  • Urteil vom 09. Juli 2020 (2C_187/2020): Staats- und Gemeindesteuern 2016 (Zürich); Strittig ist, ob die im interkantonalen Verhältnis vorzunehmende pro rata temporis Methode (sog. Gewichtungsmethode) bei der Vermögenssteuer zwischen dem Wohnsitzkanton und dem Liegenschaftskanton auch im internationalen Verhältnis zur Anwendung gelangt. Das StHG enthält diesbezüglich keine Regelung; mithin verbleibt den Kantonen hierzu ein Regelungsspielraum und ist die Kognition des Bundesgerichts vorliegend auf Willkür beschränkt. Die Auslegung des StG ZH durch die Vorinstanz mit dem Resultat, wonach die Gewichtungsmethode aus gesetzessystematischer Sicht auch bei internationalen Sachverhalten zur Anwendung kommt, ist nicht willkürlich. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 17. Juli 2020 (2C_461/2020): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2012, 2013 und 2015 (Appenzell Innerrhoden); Aufrechnung von geldwerten Leistungen auf Stufe des Gesellschafters; im zweidimensionalen Verhältnis sind Bestand und Höhe einer von der Veranlagungsbehörde behaupteten geldwerten Leistung detailliert zu bestreiten; unterlässt der Anteilsinhaber dies oder beschränkt er sich auf pauschale Ausführungen, darf die Veranlagungsbehörde im Veranlagungsverfahren grundsätzlich annehmen, die auf Gesellschaftsebene rechtskräftig veranlagte Aufrechnung sei dem Anteilsinhaber gegenüber ebenso berechtigt; Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 17. Juli 2020 (2C_462/2020): Direkte Bundessteuer 2011 und 2012; die Steuerpflichtige war nach pflichtgemässem Ermessen veranlagt worden, da sie trotz Mahnung keine Steuererklärungen eingereicht hatte; die Veranlagungsverfügungen zu den beiden Steuerperioden erwuchsen in Rechtskraft; anschliessend teilte die KSTV/AI der Steuerpflichtigen mit, sie habe aufgrund von Meldungen seitens des Kantons SG erfahren, dass die Steuerpflichtige in den Steuerperioden 2011 und 2012 im Kanton St. Gallen Liegenschaften verkauft habe, weshalb hinsichtlich der direkten Bundessteuer eine Nachbesteuerung zuzüglich Busse erfolge; die Beschwerdeführerin hat weder eine plausible Begründung noch Beweismittel vorgelegt, aus welchen die inhaltliche Unrichtigkeit der Aufrechnung hervorgehen könnte; auch wenn lediglich eine Aufrechnung (ausserhalb einer Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen) vorläge, hätte die Steuerpflichtige den Bestand und die Höhe der Aufrechnung detailliert zu bestreiten gehabt; Abweisung der Beschwerde der steuerpflichtigen Gesellschaft.
  • Urteil vom 10. Juli 2020 (2C_245/2020): VOC-Abgabe (Rückerstattung, Fristversäumnis); die Eidgenössische Zollverwaltung hat gegenüber der Beschwerdeführerin eine VOC-Abgabe (VOC = Volatile organic compounds [flüchtige organische [chemische] Verbindung]) geltend gemacht; hiergegen gelangte die Beschwerdeführerin an das BVGer; dieses erhob einen Kostenvorschuss, welcher bis zum 8. Januar 2020 zu leisten war; da die Beschwerdeführerin den Kostenvorschuss nicht rechtzeitig geleistet habe, trat das Bundesverwaltungsgericht am 13. Februar 2020 androhungsgemäss auf die Beschwerde nicht ein; die Beschwerdeführerin legt vor BGer einen Buchungsbeleg vor, wonach sie am 30. Dezember 2019 den Auftrag zur Bezahlung des Kostenvorschusses zu Gunsten des Bundesverwaltungsgerichts gegeben hat, sowie eine Belastungsanzeige der Bank vom 31. Dezember 2019, wonach der Betrag mit Valuta 30. Dezember 2019 ihrem Konto zu Gunsten des BVGer (unter Angabe der zutreffenden Rechnungsnummer) belastet wurde; da nach Art. 21 Abs. 3 VwVG nicht die Gutschrift beim Empfänger, sondern die Belastung des Bankkontos beim Bezahlenden massgebend ist, wäre damit grundsätzlich der Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet; die Beschwerdeführerin bringt vor, sie habe nach Erhalt des Nichteintretensentscheids festgestellt, dass der Kostenvorschuss aus offenbar nicht eruierbaren Gründen auf ihr Konto retourniert worden sei; es fragt sich, ob dies dazu führen kann, dass die grundsätzlich rechtzeitige Bezahlung als nicht erfolgt zu gelten hat und ob gegebenenfalls eine neue Zahlungsfrist anzusetzen wäre; Gutheissung der Beschwerde der Beschwerdeführerin und Rückweisung an die Vorinstanz.
  • Urteil vom 13. Juli 2020 (2C_609/2019): Pauschale Steueranrechnung 2015 (Basel); Streitig ist, ob zur Ermittlung des Maximalbetrags ausschliesslich die auf die deutschen Dividenden entfallende kantonale Steuer zu berücksichtigen ist, oder auch die kantonale Steuer von der vom Beschwerdeführer bezogenen Vorsorgekapitalleistung. Zur Berechnung des Maximalbetrags der Anrechnung werden diejenigen Erträge berücksichtigt, auf denen in den Vertragsstaaten in Übereinstimmung mit dem anwendbaren DBA Steuern erhoben worden sind, weil dies genau dem Sinn des Maximalbetrags entspricht. Die pauschale Steueranrechnung soll nicht dazu führen, dass schweizerisches Steuersubstrat aus einer in der Schweiz zugeflossenen Quelle (i.c. Steuersubstrat von Kapitalleistung aus Vorsorge) vermindert wird. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 24. Juli 2020 (2C_547/2019): Kantonale Steuern und direkte Bundessteuer 2016 (Tessin); A.A. war Gesellschafter der Kommanditgesellschaft C. (Gesellschaft 1) mit Sitz im Kanton Bern. Sodann gründete er die Kommanditgesellschaft D. (Gesellschaft 2), wobei er seine Anteile an der Gesellschaft 1 leistete. Im Zuge einer Teilliquidation der Gesellschaft 1 entnahm A.A. deren Berner Immobilien und übertrug sie auf die Gesellschaft 2. Das Vorliegen einer grundsätzlich steuerneutralen Umstrukturierung war dabei nicht mehr bestritten. Streitig war aber, ob die Tatsache, dass A.A. im Rahmen der Teilliquidation der Gesellschaft 1 zwar gesamthaft einen (Sach-)Wert, d.h. offene und stille Reserven, erhalten hatte, der betragsmässig seiner Beteiligungsquote entsprach, die stillen Reserven dabei aber unter seiner Beteiligungsquote lagen, zu einer Besteuerung der zu den anderen Gesellschaftern «verschobenen» stillen Reserven führt. Dies hat das Bundesgericht verneint; massgebend ist vorliegend eine Gesamtbetrachtung, unabhängig davon, bei welchem Teilhaber die stillen Reserven angesiedelt (und zu einem Zeitpunkt besteuert) werden; eine Auszahlung o.ä. in Geld ist nicht erfolgt. Entprechend wurden auch keine stillen Reserven realisiert. Teilweise Gutheissung (betreffend direkte Bundessteuer) der Beschwerde der Steuerpflichtigen.

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.