Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen 25. - 31. Juli 2022 publiziert wurden:

  • Urteil vom 23. Dezember 2021 (2C_398/2021) – zur Publikation vorgesehen: Staats- und Gemeindesteuern 2019 (Luzern); Der Beschwerdeführer rügt, dass er seinen steuerrechtlichen Wohnsitz im Steuerjahr 2019 nicht im Kanton Luzern, sondern im Kanton Zug gehabt habe.  Der vorliegende Fall wirft die Frage auf, wie sich die vom Bundesgericht entwickelten Grundsätze für das interkantonale Steuerrecht für die Bestimmung des Wohnsitzes für verheiratete Steuerpflichtige auswirken, wenn die steuerpflichtige Person eine gemeinsame Wohnung mit ihrem Ehegatten unterhält, gleichzeitig aber an einem anderen Ort die Beziehungen zu ihren Kindern pflegt und an diesem Ort mit einer gewissen Regelmässigkeit auch übernachtet. Das Bundesgericht hatte noch nicht zu beurteilen, welche familiären Bindungen in einer solchen Konstellation schwerer wiegen. Ein Übergewicht der Beziehung zum Ehegatten ist dann anzunehmen, wenn die steuerpflichtige Person ihre Kinder nicht mehr zu betreuen braucht oder der Betreuungsaufwand von untergeordneter Bedeutung ist. Die Kinder des Beschwerdeführers sind im fortgeschrittenen Schulalter oder volljährig. Hinzu kommt, dass die beiden jüngeren Kinder bei der Mutter wohnen und den Beschwerdeführer in ZG lediglich besuchen. Auch seine persönlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten, Interessen und Kontakte in ZG vermögen die familiäre Bande zur Ehegattin nicht zu überwiegen. Unter diesen Umständen ist der Beziehung zu seiner neuen Ehefrau für die Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes grösseres Gewicht beizumessen als jener zu seinen Kindern. Weiter machte der Steuerpflichtige noch geltend, er sei als leitender Angestellter zu betrachten und berief sich eventualiter auf einen alternierenden Wohnsitz. Das BGer hat die Frage aufgeworfen, ob am Verhältnis des alternierenden Wohnsitzes festgehalten werden und inwiefern im harmonisierten Steuerrecht das Konzept überhaupt noch Anwendung finden kann. Die Frage konnte aber offengelassen werden. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen A.
  • Urteil vom 4. Juli 2022 (2C_345/2022): Direkte Bundessteuer (2016-2017); Die steuerpflichtige Gesellschaft mit Sitz im Kanton Appenzell Ausserrhoden (AR) und Liegenschaften im Kanton St. Gallen (SG) reichte trotz Mahnung im Kanton AR keine Steuererklärung ein. In der Folge wurde sie im Kanton AR nach pflichtgemässem Ermessen veranlagt. Diese Veranlagungsverfügung erwuchs in Rechtskraft. Aus ungeklärten Gründen kam es auch im Kanton SG zu einer Veranlagung der direkten Bundessteuer nach pflichtgemässem Ermessen. Nach erfolgreicher Einsprache im Kanton SG fiel die dortige Veranlagung gegenüber jener im Kanton AR tiefer aus. Dies nahm die Steuerpflichtige zum Anlass, im Kanton AR ein Revisionsgesuch einzureichen. Streitig und zu prüfen war, ob der Umstand, dass der Kanton SG im Rahmen der Veranlagung der direkten Bundessteuer zu tieferen Steuerfaktoren gelangt ist als der Kanton AR, ein Revisionsgrund setzt. Indem die Steuerpflichtige bei der Veranlagung im Kanton AR gänzlich untätig blieb, erfüllt sie gemäss BGer den (Revisions-)Ausschlussgrund von Art. 147 Abs. 2 DBG. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 2. Juni 2022 (2C_588/2021): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2016 (Basel-Stadt); selbständige Erwerbstätigkeit; Aberkennung einer Betriebsstätte im Wohnsitzkanton Basel-Land; im Jahr 2000 vereinbarten die Beschwerdeführer unter Vorbehalt "gleichbleibender Verhältnisse bis auf weiteres" eine pauschale Steuerteilung für die Einkünfte aus Anwaltstätigkeit im Verhältnis 2/3 (Anwaltskanzlei in Basel-Stadt) zu 1/3 (Wohnort mit Betriebsstätte in Basel-Landschaft). Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Steuerverwaltung Basel-Stadt mehr als 15 Jahre später in der Veranlagung für die Steuerperiode 2016 das Bestehen einer Betriebsstätte am Wohnortskanton Basel-Land in Frage stellt. Weiter trifft die Steuerpflichtigen eine Mitwirkungspflicht in Bezug auf Tatsachen, welche auf das Bestehen einer Betriebsstätte im einkommenssteuerlich weniger stark belasteten Kanton Basel-Landschaft schliessen lassen. Die Beweislast liegt somit nicht bei der Steuerverwaltung Basel-Stadt wenn sie das Bestehen einer Betriebsstätte im Kanton Basel-Land verneint. Abweisung der Beschwerde gegen den Kanton Basel-Stadt. Gutheissung der Beschwerde gegen den Kanton Basel-Landschaft.
  • Urteil vom 06. Juli 2022 (2C_154/2021): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2015 (Appenzell Innerrhoden); Streitgegenstand im bundesgerichtlichen Verfahren bildet die steuerrechtliche Behandlung von vier Vermögenszugängen beim Beschwerdeführer, nämlich (i) Put-Optionsprämie von CHF 12.5 Mio., (ii) eine Ausgleichszahlung, (iii) eine Zahlung gemäss Schenkungsvereinbarung und (iv) eine zweite Put-Optionsprämie von CHF 11.1 Mio. Die beiden Lock-und Put-Options-Vereinbarungen vom Juli 2015 resp. vom November 2015 auferlegen beiden Vertragsparteien je zwei Pflichten. Der Beschwerdeführer verzichtet auf sein Recht, Aktien der C. AG zu veräussern und verpflichtet sich, bei Ausübung der Put-Option E. Aktien gleicher Zahl zu einem vordefinierten Ausübungspreis zu übernehmen oder eine Ausgleichszahlung in der Höhe des Werts der Put-Optionen zu bezahlen. Die Vorinstanz ist somit zutreffend zum Schluss gelangt, dass die Put-Optionsprämien steuerbares Einkommen darstellen und nicht eine steuerneutrale Umschichtung sind. Ob es sich bei den Zahlungen um solche nach Art. 23 lit. d DBG oder nur von der Einkommensgeneralklausel erfasst sind, kann offen bleiben. Auch die Ausgleichszahlung qualifiziert als steuerbare Einkunft. Zudem handelt es sich bei der angeblichen Schenkung um eine Ausgleichszahlung für das vorzeitige Ausscheiden von F und keine Schenkung. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen A.
  • Urteil vom 14. Juli 2022 (2C_761/2021): Kantons- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer (Wallis); die Vorinstanz hat in mehrfacher Hinsicht das rechtliche Gehör der Steuerpflichtigen verletzt; Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen und Rückweisung an die Vorinstanz.
  • Urteil vom 24. Juni 2022 (2C_838/2022): Staats- und Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer 2017 (Thurgau); unentgeltliche Rechtspflege und Ermessenszuschlag; Die Steuerverwaltung hat beim Steuerpflichtigen aufgrund der zu niedrigen deklarierten Einkünfte einen Ermessenszuschlag vorgenommen. Da der Steuerpflichtige bereits im Einspracheverfahren keine Nachweise dafür erbringen konnte, dass es sich bei den nicht deklarierten Einkünften um steuerfreie Spielbankengewinne handelt, hat die Vorinstanz ihm zu Recht aufgrund von Aussichtslosigkeit die unentgeltliche Rechtspflege verwehrt. Abweisung der Beschwerde des Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 23. Juni 2022 (2C_734/2021): Staats- und Gemeindesteuern 2012 (Aargau); Abzug von Liegenschaftsunterhaltskosten; Die Vorinstanz hat zu Recht entschieden, dass es sich bei den strittigen Kosten für Bauarbeiten an einer neu erworbenen Liegenschaft um wertvermehrende Aufwendungen handelt. Dabei hat sie richtigerweise nicht nur das Verhältnis von Kosten der Bauarbeiten und dem Erwerbspreis in ihre Erwägungen miteinbezogen, sondern detailliert dargelegt, weshalb es sich bei den einzelnen «Renovationsarbeiten» um wertvermehrende Aufwendungen handelt. Es liegt weiter keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gemäss Art. 8 Abs. 1 BV vor, da auch kleinere, fortlaufend getätigte Unterhaltsarbeiten nicht als Liegenschaftsunterhaltskosten geltend gemacht werden können, wenn sie wertvermehrenden Charakter aufweisen. Schliesslich liegt auch keine Verletzung von Art. 127 Abs. 2 und 3 BV vor, da es sich bei den wertvermehrenden Aufwendungen um Anlagekosten handelt. Dieser Begriff ist steuerharmonisierungsrechtlich definiert und daher handelt es sich auch bei den vorliegend als wertvermehrende Aufwendungen qualifizierten Kosten im Grundsatz um Anlagekosten. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.

Nichteintreten:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.