Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die zwischen 4. - 10. Juli 2022 publiziert wurden:

  • Urteil vom 31. Mai 2022 (2C_680/2021): Mehrwertsteuer; Aufgrund von im Ausland bezogenen Anwaltsdienstleistungen hätte sich eine liechtensteinische Gesellschaft ins Mehrwertsteuerregister eintragen und Bezugsteuer entrichten müssen; Sie machte geltend, dass sie die Forderung, für die Durchsetzung welcher Anwaltsdienstleistungen bezogen abgetreten habe und lediglich als Stellvertreterin des im Ausland domizilierten Zessionars aufgetreten sei; da die Fakturierung durchwegs an die Gesellschaft (und nicht an den Zessionar) erfolgte, gilt sie gem. BGer formell als Empfängerin i.S.v. Art. 45 Abs. 2 MWSTG; Eine materielle Betrachtung führt zum gleichen Resultat, da die Gesellschaft die Anwaltsrechnungen erfolgswirksam verbuchte (Massgeblichkeitsprinzip); Ein Vertreterverhältnis wurden zudem nicht nachgewiesen; Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 31. Mai 2022 (2C_808/2021): Staats- und Gemeindesteuern (Zürich) und direkte Bundessteuer 2010; Strittig war im vorliegenden Fall, ob die Vergütung welche die Steuerpflichtige im Verlauf der Steuerperiode 2010 unter dem Titel «Organisationkosten» an ihre Schwestergesellschaft leistete, geschäftsmässig begründet sei. Nach Auffassung der Veranlagungsbehörde fehlte die geschäftsmässige Begründetheit dieses verbuchten Aufwandes, nachdem die Schwestergesellschaft im Geschäftsjahr 2010 weder über eigenes Personal verfügte noch entsprechende Personalressourcen eingekauft habe. Die Steuerpflichtige fokussierte sich auf formelle Rügen und Sachverhaltsrügen. Worum es sich bei der angeblichen Managementgesellschaft, welche die Organisationskosten letztlich getragen haben soll, genau handelt, bleibt im Dunkeln. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 14. Juni 2022 (2C_830/2021): Steuerdomizilentscheid (interkantonale Doppelbesteuerung zwischen TI und ZG); für die einzig noch angefochtene Steuerperiode 2016 hat der Kanton TI sein Besteuerungsrecht verwirkt. Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen gegen den Kanton Tessin; Abschreibung der Beschwerde gegen den Kanton Zug.
  • Urteil vom 23. Juni 2022 (2C_700/2021): Staats- und Gemeindesteuern (Genf) und direkte Bundessteuer 2017; Schätzung des Mietwertes einer ausländischen Immobilie zur Festsetzung des Einkommenssteuersatzes. Strittig war die Frage, ob das spanische System zur Bestimmung des Mietwerts einer Villa in Spanien für Schweizer Steuerzwecke berücksichtigt werden kann. Das Bundesgericht erwägt, dass der Umrechnungskurs, der nach spanischem Recht auf den Mietwert angewandt wird, deutlich unter dem Satz liegt, der zu diesem Zwecke für den Steuerwert in der Schweiz gilt. Der geschätzte Mietwert einer Immobilie darf 60% der Marktmiete nicht unterschreiten. Die Praxis des Kantons Genf, den Mietwert von Gebäuden in einem Land, in dem der Mietwert nicht besteuert wird, auf 4,5% des Steuerwerts (Katasterwert) der Immobilie (Villa oder Wohnung in PSA) zu schätzen, wird bestätigt. Die Pauschale beinhaltet bereits einen Unterhaltskostenabzug, so dass zusätzlich nur passive Zinsen abzugsfähig sind. Die Beschwerde des Steuerpflichtigen wird abgewiesen.
  • Urteil vom 23. Juni 2022 (2C_724/2021): Staats- und Gemeindesteuern (Genf) und direkte Bundessteuer 2012; Schätzung des Mietwertes einer ausländischen Immobilie zur Festsetzung des Einkommenssteuersatzes. Strittig war die Frage, ob das spanische System zur Bestimmung des Mietwerts einer Villa in Spanien für Schweizer Steuerzwecke berücksichtigt werden kann. Das Bundesgericht erwägt, dass der Umrechnungskurs, der nach spanischem Recht auf den Mietwert angewandt wird, deutlich unter dem Satz liegt, der zu diesem Zwecke für den Steuerwert in der Schweiz gilt. Der geschätzte Mietwert einer Immobilie darf 60% der Marktmiete nicht unterschreiten. Die Praxis des Kantons Genf, den Mietwert von Gebäuden in einem Land, in dem der Mietwert nicht besteuert wird, auf 4,5% des Steuerwerts der Immobilie zu schätzen, wird bestätigt. Die Pauschale beinhaltet bereits einen Unterhaltskostenabzug, so dass zusätzlich nur passive Zinsen abzugsfähig sind. Die Beschwerde des Steuerpflichtigen wird abgewiesen.
  • Urteil vom 31. Mai 2022 (2C_455/2021): Amtshilfe AIA-Abkommen; Die Frage vor Bundesgericht war, inwiefern die Steuerveranlagung einer schweizerischen Gesellschaft für die Besteuerung einer nahestehenden Gesellschaft in einem Staat ohne spezielle Beweislastregel voraussichtlich erheblich sein kann. Das BGer hat mit Bezug auf Verrechnungspreisfälle bereits festgehalten, dass die Amtshilfe nebst der Durchführung des Abkommens den Zweck hat, die Durchführung des innerstaatlichen Steuerrechts der Vertragsstaaten zu ermöglichen. Hierzu können grundsätzlich sämtliche Informationen, die ein Vertragsstaat für die Steuerveranlagung seiner Steuerpflichtigen benötigt, wesentlich sein. Bei der vorliegend relevanten Gruppenstruktur, in der die schweizerische Gesellschaft innerhalb der Gruppe für den zentralisierten Einkauf zuständig ist und den anderen belgischen Gesellschaften konzernintern eine Kommission als Entschädigung für die erbrachten Dienstleistungen in Rechnung stellt, finden diese Verrechnungspreise über den handelsrechtlichen Gewinn Eingang in die Steuerveranlagungen der schweizerischen Gesellschaft. Die Steuerveranlagungen der schweizerischen Gesellschaft enthalten somit Informationen mit Bezug auf die Verrechnungspreise. Eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips, wie es gerügt wird, ist nicht zu erkennen. Die Steuerveranlagungen der schweizerischen Gesellschaft zur Kontrolle der Angemessenheit und wirtschaftlichen Begründetheit der den belgischen Gesellschaften fakturierten Kommissionen sind voraussichtlich erheblich. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen.
  • Urteil vom 15. Juni 2022 (2C_282/2021): Amtshilfe DBA CH-FR; Die ESTV wollte geklärt haben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Übermittlung der Steuererklärungen einer in der Schweiz domizilierten Gesellschaften zulässig sei, insbesondere wenn der ersuchende Staat im Rahmen seiner Untersuchung der Verrechnungspreispolitik die von dieser Gesellschaft getätigten Transaktionen mit einer der gleichen Gruppe angehörigen ausländischen Gesellschaft und den geschuldeten Steuerbetrag dieser ausländischen Gesellschaft überprüfen wolle. Die ESTV stellt sich auf den Standpunkt, dass für die Frage, ob die Steuererklärungen übermittelt werden dürften, es nicht darauf ankommen kann, ob den Steuererklärungen ein zusätzlicher Informationsmehrwert zu den übrigen zu übermittelnden Informationen zukomme. Ebenso wenig könne die Komplexität von Informationen - namentlich von Informationen mit Bezug zum schweizerischen Recht - einen Grund darstellen, um diesen Informationen im Grundsatz die voraussichtliche Erheblichkeit abzusprechen. Die Steuererklärung stelle ein zentrales Element eines Steuerdossiers dar. Sie enthält unter anderem Informationen zu den in der Schweiz zu berücksichtigenden Steuerfaktoren. Sie zeige damit auf, welches steuerliche Selbstverständnis eine Gesellschaft und gegebenenfalls ihre Gruppe aufweise und könne hilfreich sein, um einen Einblick in die Steuerstrategie einer Gruppe zu erhalten. Steuererklärungen gäben sodann auch Hinweise zum angewendeten Steuerregime. Insbesondere bei grenzüberschreitenden Gruppentransaktionen könnten Steuererklärungen und ihre Beilagen darüber Aufschluss geben, ob den verbuchten Aufwänden entsprechende Erträge gegenüberstünden. Keineswegs kann davon ausgegangen werden, dass sich den Steuererklärungen keine zusätzlichen Informationen zu den Jahresabschlüssen entnehmen liessen. In diesem Zusammenhang sei zu erwähnen, dass die Handelsbilanz, welche in der Jahresrechnung abgebildet sei, von einer nach steuerrechtlichen Vorschriften korrigierten Steuerbilanz, welche in der Steuererklärung ersichtlich sei, regelmässig abweiche. Würde lediglich die Jahresrechnung übermittelt, hätte die ersuchende Behörde nur von der Handelsbilanz Kenntnis, nicht aber von den steuerlichen Gewinnkorrekturen und der daraus resultierenden Steuerbilanz und Steuerfaktoren. Bei der vorliegend relevanten Gruppenstruktur, in der die Beschwerdegegnerin die anderen konzerninternen ausländischen Gesellschaften mit Materialien beliefert und hierfür einen (internen) Preis verrechnet, finden diese Verrechnungspreise über den handelsrechtlichen Gewinn Eingang in die Steuererklärungen der Beschwerdegegnerin. Die Steuererklärungen der Beschwerdegegnerin enthalten somit Informationen mit Bezug auf die Verrechnungspreise. Der nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erforderliche Zusammenhang zwischen dem im Amtshilfeersuchen dargestellten Sachverhalt (Prüfung der Verrechnungspreispolitik) und den ersuchten Informationen (Steuererklärungen) ist folglich gegeben. Gutheissung der Beschwerde der ESTV.
  • Urteile vom 27. April 2022 (2C_980/2020 und 2C_981/2020 und 2C_983/2020): Kurtaxen (Ferienwohnungen), Beschwerde gegen das Kurtaxenreglement der Einwohnergemeinde Riederalp vom 24. August 2020; Die angestellten Vermutungen bezüglich der Bettenanzahl pro Objekt (abhängig von der Grösse) scheinen sinnvoll. Insgesamt ist dieser Teil der Berechnung der durchschnittlichen Belegung somit nicht zu beanstanden. Nicht nachvollziehbar ist hingegen, wie die Gemeinde die Logiernächte ermittelt und weshalb sie dafür auf das Geschäftsjahr 2016/2017 abgestellt hat. Vorliegend hat die Gemeinde jedoch für einen wesentlichen Teil der Ferienwohnungen - jene, über die bereits nach altem Reglement pauschal abgerechnet wurde - gar keine Daten erhoben, sondern mit einem fiktiven Wert gerechnet, den sie nicht näher plausibilisiert. Es fehlt insoweit also an einer detaillierten und transparenten Berechnungsgrundlage; Teilweise Gutheissung der Beschwerde.

Nichteintretensentscheid:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.