Übersicht über die steuerrechtlichen Entscheide des Schweizer Bundesgerichts, die in der Woche vom 3. - 9. Dezember 2018 publiziert wurden.

  • Urteil vom 15. November 2018 (2C_102/2018): Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuer 2009 (Zürich); strittig war, ob in der Jahresrechnung 2009 der beschwerdeführenden Steuerpflichtigen A AG mittels Bilanzberichtigung eine Rückstellung, als Folge des gegen B (Gründer, Geschäftsführer und Verwaltungsrat der A AG) im Sommer 2010 angehobenen Strafverfahrens zu bilden war. Dieses führte zur Anordnung einer Ersatzforderung gem. Art. 71 StGB in einem erheblichen Umfang gegenüber der A AG (solidarisch mit B). Zu prüfen war insbesondere, ob und in welchem Umfang Tatsachen, welche nicht nur erst nach dem Stichtag bekannt werden, sondern sich erst danach ereignen, unter dem Stichtagsprinzip zu beachten sind. Dabei nimmt die Praxis eine Unterscheidung zwischen wertaufhellenden und wertbeeinflussenden Tatsachen vor. Während erstere Aufschluss darüber geben, wie sich die Verhältnisse am Bilanzstichtag darstellten (auch wenn sie erst später bekannt werden), werden durch letztere neue Geschäftsvorfälle geschaffen, die erst in neuerer Rechnung ihren Niederschlag finden dürfen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen subsumierte das Bundesgericht die Eröffnung des Strafverfahrens gegen B unter dem Begriff der wertaufhellenden Tatsache, zumal mit Eröffnung des Strafverfahrens keine neue rechtsgestaltende Verpflichtung entstehe, sondern lediglich das bereits vorher bestehende, den auf kriminellen Machenschaften beruhenden Erträgen innewohnende Risiko konkretisiert werde (E. 5.4.2). Dieses hätte spätestens bei Abnahme der Jahresrechnung 2009 am 7. Dezember 2010 durch Bildung einer entsprechenden Rückstellung berücksichtigt werden müssen. Die Beschwerde der Steuerpflichtigen wird gutgeheissen.
  • Urteil vom 20. November 2018 (2C_559/2017): Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuer 2007-2008 (Tessin); zu der von den Steuerpflichtigen aufgeworfenen und dokumentierten Frage einer möglichen Umwandlung der Stiftung in eine Familienstiftung im Sinne von Art. 335 ZGB oder in eine «reguläre» Stiftung hat das Appellationsgericht des Kantons Tessin in seinem Urteil über die Steuern für die Jahre 2007 und 2008 keine Stellungnahme abgegeben. Es wurde auch keine antizipierte Beweiswürdigung vorgenommen. Aus dem angefochtenen Urteil wird nicht ersichtlich, warum die vorgebrachten Beweise als irrelevant angesehen werden. Daraus folgt, dass die Vorinstanz ihren Verpflichtungen aus Art. 29 Abs. 2 BV nicht nachgekommen ist und gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör der Steuerpflichtigen verstossen hat (E. 4.4). Dieser Mangel kann auch im vorliegenden Verfahren nicht geheilt werden (E. 5.2). Die Beschwerde der Steuerpflichtigen wird teilweise gutgeheissen.
  • Urteil vom 22. November 2018 (2C_1015/2018): Direkte Bundessteuer und Kantons- und Gemeindesteuer 2003-2006 (Genf); Abgrenzung zwischen Schenkung und Einkommen. Vorliegend ist es der Beschwerdeführerin nicht gelungen, glaubhaft zu argumentieren, dass es sich um eine Schenkung handelte. Abweisung der Beschwerde der Beschwerdeführerin.
  • Urteil vom 20. November 2018 (2C_830/2018): Direkte Bundessteuer und Staats- und Gemeindesteuern 2013 (Zürich); angefochten ist ein Nichteintretensentscheid. [...] Im vorliegenden Verfahren kann es daher grundsätzlich nur darum gehen, ob die Vorinstanz bundesrechtskonform und verfassungsrechtlich haltbar zum Ergebnis gekommen sei, es fehle an einer hinreichenden Begründung der Eingabe, weshalb auf die Sache nicht einzutreten sei. Kommt allerdings - wie vorliegend - der angefochtene Entscheid mit einer materiellrechtlichen Eventualbegründung zum Ergebnis, selbst wenn auf das Rechtsmittel einzutreten wäre, wäre es in materieller Hinsicht abzuweisen, beurteilt das Bundesgericht auch die materielle Rechtslage und sieht aus prozessökonomischen Gründen davon ab, den angefochtenen Entscheid aufzuheben, wenn zwar zu Unrecht auf die Beschwerde nicht eingetreten wurde, die Eventualbegründung in der Sache aber zutreffend ist; deshalb muss sich die Beschwerdebegründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) in solchen Fällen sowohl mit dem Nichteintreten als auch mit der materiellrechtlichen Seite auseinandersetzen. [...] (E. 2.5.). Vorliegend ist die Vorinstanz mangels ausreichender Begründung (praktisch wortgleicher Text wie vorinstanzliches Rechtsmittel) zu recht nicht eingetreten. Abweisung der Beschwerde der Steuerpflichtigen, soweit darauf eingetreten werden kann.
  • Urteil vom 21. November 2018 (2C_505/2017), zur amtlichen Publikation vorgesehen: Direkte Bundessteuer 2003 und Staats- und Gemeindesteuer 2003-2004 (Graubünden); Aufrechnung nicht deklarierter Einkommens- und Vermögenswerte; in der Steuerperiode 2003 hatten die Steuerverwaltung sowie die Vorinstanz Beträge von insgesamt CHF 24'750'043 als steuerbares Einkommen aufgerechnet. Wesentlich war insbesondere die Übertragung einer Beteiligung an einer Aktiengesellschaft zum Preis von CHF 45 Mio, die nach Auffassung der Steuerverwaltung lediglich treuhänderisch übertragen wurde (vgl. E. 5.4) und gemäss deren Auffassung nur einen Wert von CHF 800'800 hatte (E. 5.5), während nach Auffassung des Beschwerdeführers die Übertragung reell erfolgte und werthaltig war. Die Vorinstanz hatte festgehalten, dass die Beteiligung nicht zu wirtschaftlichem Eigentum, sondern nur als Treugut auf den Beschwerdeführer und eine weitere beteiligte Person übertragen wurde und hatte dementsprechend die Vermögenssteuer reduziert. Für die Frage, ob die betreffende Beteiligung treuhänderisch oder zu wirtschaftlichem Eigentum übertragen wurde hält das Bundesgericht fest, «dass die Vorinstanz aufgrund der Gesamtheit der vorgetragenen Sachverhaltsaspekte zur Überzeugung gelangt ist, dass die Übertragung treuhänderisch erfolgte. Das ist ausreichend, und es kann dem Verwaltungsgericht nicht Willkür vorgeworfen werden, ebenso wenig wie die Verkennung der Beweislast oder der Anforderungen an das Beweismass, wenn es auf dem Weg zu dieser Überzeugung einzelne Vorbringen der Parteien für mehr oder weniger wahrscheinlich erachtet hat.» (E. 5.6.2) Des weiteren ist gemäss Auffassung des Bundesgerichts die erhaltene und dem Beschwerdeführer zur Hälfte zugeflossene Leistung von CHF 45 Mio. ohne adäquate Gegenleistung geblieben, was ohne weiteres auch für die Organe der leistenden Gesellschaft erkennbar war. Die Voraussetzungen der geldwerten Leistung waren gesamthaft erfüllt. Dem Beschwerdeführer war die Leistung demzufolge als Ertrag aus beweglichem Vermögen aufzurechnen. Nach Auffassung des Beschwerdeführers müsste, bei Vorliegen einer geldwerten Leistung an ihn, auch das von ihm gegenüber der K. Holding (deren Alleinaktionär er war) gewährte Darlehen in derselben Höhe nicht als Darlehen, sondern als verdeckte Kapitaleinlage qualifiziert werden und sei folglich mit der geldwerten Leistung zu verrechnen. «Das Bundesgericht hat in BGE 113 Ib 23 E. 4c erwogen, dass nicht von Vornherein ausgeschlossen werden kann, verdeckte Kapitaleinlagen mit verdeckten Gewinnausschüttungen zu verrechnen. Das ist u.a. dann möglich, wenn wechselseitig gewährte Vorteile sich wertmässig kompensieren, so dass per Saldo weder dem Aktionär noch der Gesellschaft ein Vorteil bzw. eine geldwerte Leistung zufliesst. Eine solche Gesamtbetrachtung kann aber nur in Frage kommen, wenn die angeblich zu kompensierenden Rechtsgeschäfte in direktem Zusammenhang zueinander stehen, so dass das eine ohne das andere nicht abgeschlossen worden wäre.» (E. 6.4.1.) Nach Auffassung des Bundesgerichts ist die verdeckte Gewinnausschüttung zwar mit der Darlehensgewährung insofern verbunden, als das eine Geschäft ohne das andere nicht abgeschlossen worden wäre, es gehe im vorliegenden Fall aber um eine geldwerte Leistung, die auf einer hochkomplexen Vorgehensweise mit mehreren zwischengeschalteten Gesellschaften und fiktiven Verträgen beruht, weshalb in einem solchen Fall nicht von einer unmittelbaren Kompensation der Ausschüttung mit der Kapitaleinlage gesprochen werden kann (E. 6.4.2.). Das Bundesgericht folgt jedoch dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, der darlegt, dass die aus der verdeckten Gewinnausschüttung finanzierte Darlehensforderung in seinem Geschäftsvermögen gegenüber der von im gehaltenen K. Holding AG in Höhe von CHF 22.5 Mio. nicht vollumfänglich werthaltig war, sondern (gestützt auf eine Bewertung des Nettovermögens der K. Holding AG) lediglich im Umfang von rund CHF 8.6 Mio. Daraus folgt, dass im betreffenden Zeitpunkt auch ein entsprechender (massgeblicher) Abschreibungsbedarf bestand, der handelsrechtlich zwingend und somit steuerrechtlich durch Bilanzberichtigung (entgegen einer blossen Bilanzänderung) zu berücksichtigen war. Betreffend die Höhe des Abschreibungsbedarfs beruft sich das Bundesgericht sodann auf den im angefochtenen, vorinstanzlichen Urteil zur Vermögenssteuer festgestellten Wert und kommt zum Schluss, das der K. Holding AG gewährte Darlehen ist demzufolge von CHF 22.5 Mio auf CHF  9'653'432 abzuschreiben. «Damit vermindert sich das steuerbare Einkommen des Beschwerdeführers gegenüber der Veranlagung um 12'846'568 Franken». (E. 6.5.4.) Die Beschwerde (sowohl gegen die direkte Bundessteuer wie auch gegen die Kantons- und Gemeindesteuern) ist teilweise begründet. Die vorgenommenen Aufrechnungen erweisen sich zwar als bundesrechtskonform, zu berücksichtigen ist aber ein Abschreibungsbedarf auf dem Darlehen in Höhe von CHF 12'846'568. Dies führt zu einer Veranlagung für die direkte Bundessteuer für das Jahr 2003 in Höhe von CHF 12'022'132 (Veranlagung der Steuerverwaltung in Höhe von CHF 24'868'700 abzüglich CHF 12'846'568) und für die Kantons-und Gemeindesteuern von CHF 12'019'732 (Veranlagung der Steuerverwaltung in Höhe von CHF 24'866'300 abzüglich CHF 12'846'568). Im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

Nichteintretensentscheide / unzulässige Beschwerden:

Die Auflistung der Entscheide erfolgt chronologisch anhand des Publikationsdatums.