Nach einem langen politischen Prozess und nach einem heftig geführten Abstimmungskampf wurde die Vorlage zur Unternehmenssteuerreform III (USR III) am 12. Februar 2017 vom Schweizer Volk an der Urne abgelehnt. Die Hauptstossrichtung der Vorlage war einerseits die Abschaffung der Sonderregime für Unternehmen (Gemischte Gesellschaft, Holding Gesellschaft, Prinzipal Gesellschaft, Finance Branch), die Einführung neuer Regelungen im Bereich Forschung und Entwicklung und der Abzug eines Zinses auf Eigenkapital mit dem Ziel, die Attraktivität der Schweiz als Unternehmensstandort, trotz Wegfall der Sonderregime, zu erhalten.

Durch die Ablehnung der USR III geschieht im Moment nichts. Es bleibt beim Status Quo. Die politischen Stellen auf Bundes- und Kantonsebene haben während des Abstimmungskampfes weder einen Plan B präsentiert noch ein Szenario bei einem Nein formuliert. Es bleibt somit offen, wie es weitergehen soll.

Druck von ausländischen Organisationen

Seit beinahe 13 Jahren steht die Schweiz vonseiten der OECD und EU unter Druck und wird aufgefordert die kritisierten Steuerprivilegien für gewisse Unternehmen abzuschaffen. Als Mitgliedsstaat der OECD wird die Schweiz innert kürzester Zeit einen Plan B vorschlagen müssen, damit die Steuerprivilegien so rasch wie möglich Geschichte sind. Solange dieser Status Quo aufrechterhalten bleibt, besteht die Gefahr, dass die Schweiz erneut auf einer "Blacklist" landet oder in Form von CFC Regeln geschwächt wird und dabei mit Sanktionen als auch Handelshemmnissen im internationalen Wettbewerb rechnen muss.

Die Abschaffung der Steuerprivilegien war im Abstimmungskampf unbestritten. Der Grund für die Ablehnung liegt somit vor allem im Paket der gesamten Ersatz- oder Kompensationsmassnahmen, welche als "Gegenstück" zur Abschaffung der Sonderregime im Abstimmungspaket enthalten waren und von den Kantonen in Aussicht gestellt wurden:

  • Einführung einer Patentbox;
  • Zusatzabzug für Forschung und Entwicklung;
  • Technischer Zinsabzug auf Eigenkapital;
  • Reduktion der Gewinnsteuersätze in den Kantonen.

Als zusätzliche Elemente und politisch umstritten waren im Bereich der "Gegenfinanzierung" die vorgesehene Erhöhung der Dividendenbesteuerung und die Erhöhung des Bundesanteils

der Kantone an den direkten Bundessteuern.

Eine neue Vorlage wird, allen Beteuerungen zum Trotz, Zeit brauchen. Ob bis 2019 die neue Vorlage beraten und beschlossen ist, ist offen, wünschbar – aber nicht sicher. Der Bundesrat hat kürzlich das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) damit beauftragt eine neue Vorlage auszuarbeiten, welche voraussichtlich Ende Juni 2017 vorgestellt wird.

Bis heute und bis zur Einführung eines neuen Steuerpaketes gelten die alten Regelungen, welche attraktiv sind und von den Steuerbehörden weiterhin angewendet werden.

Die Reaktion der OECD, der EU und der G20 auf das Nein der Schweiz zur USTR III ist heute nicht abschätzbar und schafft Unsicherheit.  

Das Vermittlungstalent der Schweiz

Die hohe Kunst der Schweizer Politik und der Diplomatie muss sein, die ausländischen Reaktionen und Gefahren mit dem inländischen Entscheidungsprozess in der Balance zu halten. Im Idealfall bedeutet dies, dass die ausländischen Regierungen und Organisationen keine "Strafmassnahmen" gegen die Schweiz erheben, bis die neue Vorlage zur Unternehmungssteuerreform beschlossen und verabschiedet ist.

Diese Balance ist gefährdet, wenn der Entscheidungsprozess im Inland für die neue Reform zu lange dauert, kein genügender Ausgleich für die Abschaffung der Sonderregime gefunden wird, wenn die ausländischen Organisationen und Regierungen die Geduld verlieren und einseitig Massnahmen gegen die Schweiz beschliessen.

In diesem schwierigen Balanceakt ist ein "Talent" unserer Institutionen gefragt, dass man oftmals übersieht und sich nicht bewusst ist. Die Schweiz hat sich über "Jahrhunderte" bei der Suche nach einem Ausgleich zwischen unterschiedlichen staatlichen Interessen geübt und bewährt. Kein anderes Land in der Welt ist als Vermittler und als Helfer bei der Suche nach Lösungen zwischen Ländern so anerkannt wie die Schweiz. Diese Fähigkeit muss die Schweiz bei dieser heiklen Weggabelung einsetzen. Einerseits bei der innenpolitischen Suche nach einer neuen Lösung für die Revision des Unternehmenssteuerrechts und andererseits bei der Vermeidung von ausländischen Strafmassnahmen. Die Schweiz muss glaubwürdig darlegen, dass sie an einer Lösung interessiert ist und auch eine finden wird, aber der politische Prozess nicht willkürlich beschleunigt werden kann.

Sobald die Balance verloren geht sind die Reaktionen und folgen in der Schweiz schwer abzuschätzen.

Risiken mit dem Status Quo

Findet die Schweiz in absehbarer Zeit keine Lösung, sodass ausländische Gegenmassnahmen greifen, könnten sich die Kantone gezwungen sehen die Steuerprivilegien einseitig und ohne finanzielle Mehrunterstützung des Bundes abzuschaffen und die Gewinnsteuersätze zu senken. Zusätzlich könnten allfällige Kompensationsmassnahmen von den Kantonen in Eigenregie, unter Umgehung des "Steuerharmonisierungsgesetzes", eingeführt werden. Als Musterbeispiel könnte der Kanton Nidwalden dienen, welcher bereits seit einigen Jahren eine Lizenzbox anwendet.

Mit diesem Szenario, wie mit dem Status Quo, gehören vor allem die Kantone Luzern und Zug zu den Profiteuren. Einerseits gibt es bei diesen Kantonen praktisch keine Veränderungen der Steuersätze bei der Abschaffung der Steuerprivilegien und andererseits weisen sie lukrative Rahmenbedingungen auf. In den Hochsteuerkantonen wie Genf, Zürich, Basel und Waadt ist die Differenz zwischen dem regulären Steuersatz und dem privilegierten Steuersatz deutlich höher, wobei durchaus das Szenario eintreten könnte, dass gewisse Unternehmen in Niedrigsteuerkantone umsiedeln. Dies hätte negative Folgen für den Föderalismus als auch für den interkantonalen Steuerwettbewerb.

Fazit

Zurzeit herrscht grosse Aufregung darüber wie die betroffenen Firmen, die EU als auch die OECD auf das Nein zur USR III reagieren werden. Fakt ist, dass die Schweiz schon bisher attraktiv war und es mit dem Status Quo bleiben wird. Die unbestrittene Abschaffung der Steuerprivilegien wird im Rahmen einer neuen Revision sofort in Angriff genommen. Für diesen Prozess muss die Schweiz im Ausland werben und die Balance zwischen dem ausländischen Druck und den inländischen Entscheidungsprozessen halten. Für diesen Balanceakt ist die Schweiz bestens vorbereitet und geübt. Die Suche nach einer neuen Lösung ist für die Schweiz ein Zeichen der Stärke und führt am Ende zu einer nachhaltigen neuen Reform, welche die Attraktivität der Schweiz für die Zukunft sichern wird. Die Politik und Diplomatie soll sich auf die einzigartigen Vermittlungsfähigkeiten besinnen und gegen innen und aussen im Gleichschritt für die Zukunftslösung werben. Dann ist der 12. Februar 2017 der Ausgangspunkt für eine Stärkung und keine Schwächung des Steuerstandortes Schweiz.  

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